Stichtag

10. Januar 1839 – Erster Tee aus Indien wird in London versteigert

Im Jahr 1662 begrüßt der englische König Charles II. seine zukünftige Gattin Katharina von Braganza in Portsmouth. Erschöpft von der Reise bittet die portugiesische Prinzessin den Monarchen um eine Tasse Tee. "In England trinken wir keinen Tee", soll Charles entgegnet haben. "Würde ein Bier vielleicht reichen?"

Der Überlieferung zufolge winkt Katharina dankend ab und bittet einen Diener, ihr eine eingepackte Kiste Tee aus ihrer Heimat herzubringen. Danach habe sie das Getränk aus einer zart durchscheinenden chinesischen Schale unter allgemeinem Staunen ausgetrunken. Der "China Drink" wird in der feinen Gesellschaft am englischen Königshof salonfähig. Tee löst Bier als Nationalgetränk Großbritanniens ab.

Der weltweit größte Drogenhändler

Das Ursprungsland des Tees ist China. Hier wird bereits drei Jahrhunderte vor Christi Geburt eine Steuer auf das Getränk erhoben. Anfang des 17. Jahrhunderts schwappt der Trend endlich auch nach Europa über. Monopolist für den Transport ist die niederländische Ostindien-Kompanie, die bis 1833 den gesamten Chinahandel organisiert. China lässt sich den Verkauf des kostbaren und empfindlichen Guts teuer versilbern.

Als Silber knapp wird, steigt die Ostindien-Kompanie auf Opium als Zahlungsmittel für Tee und andere Güter um. In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts wird die Handelsgesellschaft zum größten Drogenhändler der Welt. Letztendlich verkauft sie Lethargie: Die Opiumsucht der Bevölkerung macht aus China den "kranken Mann Asiens". Um sein Land vor dem Untergang zu bewahren, befiehlt der chinesische Kaiser seinem Spitzenbeamten Lin Zexu 1839 per Edikt, Ausländern den Opiumhandel in China zu verbieten. Großbritannien schickt Kriegsschiffe. Der "erste Opiumkrieg" besiegelt den Niedergang Chinas als uneingeschränkte asiatische Handelsmacht.

Die indische "Ostfriesenmischung"

Bereits zuvor sieht sich die Ostindien-Kompanie wegen der hohen Teepreise nach neuen Anbauländern um. An der chinesischen Obrigkeit vorbei gelingt ihr der strengstens verbotene Export von Pflanzen und Samen in die britische Kolonie Indien. Dort wird die Schmuggelware in die verschiedensten Regionen des Landes gebracht. Zudem wird 1823 im Nordosten Indiens wild wachsender Tee entdeckt. Dieser Assam-Tee wird ebenso wie der aus China importierte fortan in der Region kultiviert.

Im Mai 1838 verlässt ein Schiff mit Tee Kalkutta Richtung London. Am 10. Januar 1839 werden die Kisten am damals Hauptumschlagsplatz für das Getränk zum damals günstigen Preis von einem englischen Pfund pro Kilo an einen einheimischen Geschäftsmann versteigert. Es ist der Beginn einer Marktrevolution, in deren Rahmen immer neue Gebiete Indiens ohne Rücksicht auf ökologische Verluste für die Teeproduktion gerodet werden – so auch im Umfeld von Darjeeling in den Randlagen des Himalaya.

Heute werden in Indien über eine Million Tonnen Tee im Jahr produziert. Den Löwenanteil liefern die Gärten von Assam – inklusive der in Deutschland überaus beliebten "Ostfriesenmischung".

Stand: 10.01.2014

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