Fünf Jahre lang hat der Spreizdübel von Artur Fischer die Befestigung von Küchenschränken, Lampen oder Bildern revolutioniert, da gerät er auch schon Verruf. Gerade im Außenbereich habe die Halterungsmethode Schwächen, behaupten Kritiker. Das verwendete Nylonmaterial sei nicht so wetterbeständig und wärmefest wie vermutet.
Sofort tritt der resolute Fischer an, um das Gerücht zu widerlegen. "Ich habe dann überlegt, wo die ältesten Dübel von uns installiert waren", wird er sich später erinnern. "Das war im Reichssportpalast in Berlin." Mit einer Crew von TÜV-Ingenieuren fährt Fischer hin, um die Qualität der Dübel zu überprüfen. "'Herr Fischer, die alten Dübel sind noch besser als die frischen'", hätten die Ingenieure nach der Inspektion gesagt. "'Die haben sich so in den Beton gefressen, die halten.'"
Nutzen mit Herzblut
Geboren wird Fischer 1919 in Tübingen. Nach Abschluss der Realschule geht er in Stuttgart bei einem Kunstschlosser in die Lehre. 1938 wird er zum Arbeitsdienst einberufen und muss danach zur Luftwaffe; dort schafft er es bis zum Offiziersausbilder. 1946 arbeitet er in einem Elektrogeschäft in Freudenstadt, zwei Jahre später gründet er die Firma "Artur Fischer Gerätebau Hörschweiler", die sich auf die Entwicklung von Blitzgeräten und Webstuhlschaltern spezialisiert.
Schon zu dieser Zeit tut sich Fischer als verbissener Erfinder praktischer Alltagslösungen hervor. "Wann immer man etwas Neues schafft, ist Herzblut gefragt", lautet eine seiner Devisen, "Es muss klar sein, dass das, was man macht, anderen nutzt", eine andere.
Manchmal aber entsteht eine Erfindung auch aus Eigennutz. Weil sich eine Fotografin nach der Geburt von Fischers Tochter 1948 aus Angst vor einem Brand strikt weigert, in der dunklen Wohnung den damals üblichen Pulverblitz zu entzünden, lötet Fischer kurzerhand am heimatlichen Herd den ersten Blitz zusammen, der synchron zum Kameraauslöser funktioniert. Fotoanbieter Agfa kauft die Gesamtproduktion und die Vermarktungsrechte, der Jahresumsatz steigt 1949 prompt von 2.000 auf 70.000 Mark.
Nummer 1097117
Insgesamt reicht der heute 93-jährige Fischer über 5.000 Patente und Gebrauchsmuster beim Deutschen Patentamt ein. Darunter ist ein Technik-Bausatzsystem für Kinder, ein zeitweise unter Hobbyfotografen äußerst populärer Vierfachblitzwürfel, essbares Spielzeug aus Kartoffelstärke - und Anfang November 1958 Fischers wohl bedeutendste Entwicklung: ein „über einen Teil seiner Länge geschlitzter zylinderförmiger Spreizdübel, dessen vorderes Ende mit sägezahnartigen Einschnitten versehen ist.“ Er macht der Fallsucht von Gegenständen an Wand und Decke den Garaus.
Den Dübel erfindet Fischer nicht. Metallexemplare mit Hanfkern gibt es schon länger. Aber Fischer setzt auf halt- und dehnbareres Nylon – und auf eine Form, die bombensicheren Halt garantiert. Seine Dübel spreizen sich beim Eindrehen der Schraube auf und stemmen sich auf diese Weise lochfüllend gegen das Wandinnere. So genannte Sperrzungen verhindern, dass sich der Dübel mit der Schraube mitdreht.
1980 übergibt Artur Fischer sein Unternehmen an seinen Sohn, der den Umsatz noch einmal verachtfacht. Seitdem leitet der "Herr der Dübel" das Fischer-Forschungszentrum.
Stand: 08.11.2013
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