Los Angeles, Santa Barbara, San Francisco - Kaliforniens Millionenstädte entlang der Pazifik-Küste sind fast alle aus kleinen Missions-Stationen entstanden, die der Franziskaner-Pater Junipero Serra Ende des 18. Jahrhunderts gegründet hat. Geboren wird der Spanier am 24. November 1713 in Petra, einem kleinen Dorf auf Mallorca. Den Padres des dortigen Klosters fällt seine ungewöhnliche Auffassungsgabe auf. "Der Leiter des Konvents sprach also mit den Eltern und überredete sie, ihren Sohn mit 16 Jahren nach Palma zu schicken - in die Schule des Franziskanerordens", sagte Catalina Font, die heute das Serra-Museum in Petra leitet.
Der Bauernsohn wird Priester und Doktor der Theologie. 1749 bricht er mit anderen Franziskanern zum Vize-Königtum Neu-Spanien auf. Das Schiff der Missionare benötigt 100 Tage für die Strecke von Cadiz nach Veracruz im heutigen Mexiko. Nach 18 Jahren in Mexiko begleitet Serra die spanischen Kolonisatoren als Kaplan von der Halbinsel Baja California nach Norden - mit dem Ziel, das heutige Kalifornien zu missionieren. Den Weg geht er zu Fuß, mehr als 1.000 Kilometer. Viele seiner Begleiter sterben bei der anstrengenden Tour.
Umstrittene Missionierung
Schließlich erreicht Serra 1789 eine Bucht, wo zwei spanische Schiffe ankern, die auf dem Seeweg gekommen sind. Dort gründet der Priester seine erste Missionsstation und nennt sie "San Diego" - nach einer Heiligenfigur aus seiner Dorfkirche in Petra auf Mallorca. In den nächsten Jahren gründet Serra entlang der Pazifik-Küste neun solcher Stationen, die er alle nach Heiligen benennt. Darunter ist 1776 die Missionsstation "San Francisco de Assisi", aus der später San Francisco entsteht.
Besonders in den vier Missionen, die unter dem Schutz von spanischen Soldaten stehen, kommt es immer wieder zu Zusammenstößen und Misshandlungen der Ureinwohner. Die Indios sollen - so Serras Auftrag - zum christlichen Glauben übertreten. Offene Gewalt als Instrument der Glaubensvermittlung lehnt Serra als Mittel zwar ab, aber seine Methode ist trotzdem umstritten. Er lässt alle Neugeborenen direkt nach der Geburt taufen, erklärt Professor Jack Forbes von der University of California, selbst ein Nachfahre der Indios: "Die Priester kamen ein paar Jahre später zurück und nahmen den Eltern die Babies weg mit der Begründung, die Kinder seien schließlich Christen und könnten nicht bei Ungläubigen aufwachsen." Dadurch seien die Eltern dann ebenfalls in die Missionen gezogen, um bei ihren Kindern zu sein. Als Papst Johannes Paul II. 1988 Junipero Serra selig spricht, protestieren zehntausende amerikanischer Indianer.
Büste im Kapitol
Serra lernt die Sprache der Indianer, wandelt die Missionen in autonome Dörfer um und stattet sie mit Infrastruktur aus. Es entstehen außer Kirchen unter anderem Schulräume, Schmieden und Webereien. Neben dem katholischen Glauben vermitteln die Franziskaner auch das Töpfer-Handwerk, die Herstellung von Seife und landwirtschaftliche Kenntnisse. Den großen Aufschwung erlebt das Land am Pazifik aber erst mit dem Goldrausch Mitte des 19. Jahrhunderts.
Junipero Serra wird 70 Jahren alt und stirbt 1784. Begraben wird er in der alten Mission von Carmel. Die Büste des Mallorquiners steht heute im Kapitol in Washington - umgeben von anderen Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte.
Stand: 24.11.2013
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