Von Albert Einstein stammt der Satz: "Es ist leichter, ein Atom zu zertrümmern als ein Vorurteil." Das gilt insbesondere für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher nationaler, ethnischer, religiöser oder kultureller Herkunft. Ob Integration gelingt, hängt auch von der Berichterstattung der Medien ab. "Information alleine nützt nicht viel", sagt Professor Andreas Zick, Konfliktforscher der Universität Bielefeld. "Wichtig ist, dass Menschen in Beziehung kommen." Zwar könnten Medien solche Beziehungen nur stellvertretend herstellen, aber die Forschung habe ergeben: "Wenn Medien gute Beziehungen zeigen, dann hat das eine vorurteilsreduzierende Wirkung."
Solche Fernseh- und Radiobeiträge auszeichnen - dieses Ziel bringt die Bundesbeauftragte für Ausländerfragen, den WDR und die private Freudenberg-Stiftung zusammen. Gemeinsam verleihen sie ab 1988 den bundesweiten CIVIS-Medienpreis. Denn längst sind aus den sogenannten Gastarbeitern Einwanderer geworden: Integration bleibt eine ständige Herausforderung. Obwohl schon bei den ersten Verleihungen Politiker wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) oder der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt sprechen, wird der neue Preis öffentlich kaum wahrgenommen. Anfang der 1990er Jahre ändert sich das allerdings.
Internationalisierung als neuer Impuls
Kurz nach der Wiedervereinigung häufen sich in der Bundesrepublik fremdenfeindliche Übergriffe. Die Asylbewerberzahlen sind gestiegen. In den Medien und bei Politikern macht das Wort "Asylmissbrauch" die Runde. In Hoyerswerda kommt es 1991 und in Rostock-Lichtenhagen 1992 zu rassistischen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge. 1992 werden in Mölln bei einem Brandanschlag drei Türken getötet, in Solingen sterben 1993 nach einem solchen Anschlag fünf türkischstämmige Menschen. Der CIVIS-Medienpreis erhält in dieser Zeit eine völlig neue Dimension, sagt CIVIS-Geschäftsführer Michael Radix. Er sei damals "zu einem sehr deutlich gegen Rassismus und gegen Fremdenfeindlichkeit gerichteten Preis" geworden.
Um die Jahrtausendwende nimmt das öffentliche Interesse an den Themen Integration und Rassismus ab - und damit auch am CIVIS-Preis. Deshalb entsteht 2002 die Idee, der Auszeichnung einen neuen Impuls zu geben. Ende Februar 2003 wird die "CIVIS-Medienstiftung GmbH" mit Sitz in Köln gegründet. Gesellschafter sind der WDR - stellvertretend für die ARD - und die Freudenberg-Stiftung. Geschäftsführer wird der langjährige WDR-Redakteur Michael Radix: "Für uns war es wichtig, den CIVIS-Medienpreis aus der Nische des Gutgemeinten rauszuholen - in den Mainstream." Wichtigste Änderung: Der Preis wird international. Prämiert werden nun Radio-, Fernseh- und Internetbeiträge aus ganz Europa - und nicht nur der Bundesrepublik. Prominente aus Medien und Politik sollen mit ihren Auftritten auf dem Roten Teppich für öffentliche Aufmerksamkeit sorgen.
Beiträge aus mehr als 20 Ländern
Am 4. November 2003 werden bei einer festlichen Gala zum ersten Mal die europäischen CIVIS-Medienpreise vergeben: Die Schirmherren der Auszeichnung, Bundespräsident Johannes Rau (SPD) und der Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox, überreichen die Preise im Festsaal von Schloss Bellevue - dem Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten. Das neue Konzept ist erfolgreich: Inzwischen bewerben sich Journalisten mit über 600 Beiträgen aus mehr als 20 Ländern um die Preise in neun Kategorien. 40 Prozent davon sind nicht deutschsprachig; etwa jeder dritte Beitrag stammt von privaten Sendern. Die jährliche Verleihung im Mai erreicht jeweils rund 18 Millionen Menschen. CIVIS hat sich europaweit als wichtigster themenbezogener Medienpreis etabliert.
Gewinnerbeiträge thematisieren mittlerweile viel offener Probleme: Konflikte im Zusammenleben, mangelnde Entschlossenheit im Kampf gegen Rechts, Abschiebungen, Ausbau der Festung Europa. Bei den Verleihungen sitzen oft auch Politiker im Publikum, deren Parteien diese Politik mitverantworten. CIVIS-Geschäftsführer Radix sieht darin keinen Widerspruch: "Wenn die Politiker, die bei uns sind, sich an die Seite von CIVIS stellen - dann verlassen sie CIVIS nie im gleichen Format, wie sie gekommen sind."
Stand: 04.11.2013
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 4. November 2013 ebenfalls an den europäischen CIVIS-Medienpreis. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.