Dummys bei einem Crash Test des Automobilunternehmens Volkswagen im Mai 1992

Stichtag

29. August 1958 - Patent für "Dreipunkt-Sicherheitsgurt" wird angemeldet

Er bewahrt vor Tod und schweren Verletzungen - trotzdem ist er lange unbeliebt: der Sicherheitsgurt im Auto. Noch in den 1950er-Jahren ist kaum jemand angeschnallt, denn nur wenige Fahrzeuge verfügen über Gurte. Manche Autos haben zwar an den Vordersitzen Beckengurte, die verhindern, dass die Fahrer bei einem Unfall aus dem Wagen geschleudert werden. Doch Kopf und Oberkörper können trotzdem gegen das Lenkrad prallen. Andere Autos sind wiederum mit Diagonalgurten ausgestattet. Diese verhindern zwar den sogenannten Klappmesser-Effekt der Beckengurte, aber bei einem solchen Schultergurt kann der Fahrer nach unten herausrutschen und sich ebenfalls verletzen.

Die Folgen sehen Unfallchirurgen bei ihrer Arbeit. Es kommt unter anderem zu Verletzungen an Schädel und Halswirbelsäule, zu Brustbein- und Oberschenkelbrüchen sowie zu Verrenkungsbrüchen des Hüftgelenks.

"Die beste Lebensversicherung"

Die Lösung kommt aus Schweden: Der Ingenieur Nils Bohlin verbindet Beckengurt und Schultergurt miteinander. Seine Konstruktion wird der Prototyp des heutigen Sicherheitsgurts. Die offizielle Bezeichnung der Konstruktion lautet "Dreipunkt-Sicherheitsgurt". Der Fahrer wird durch ihn an drei Stellen fixiert: rechts und links der Hüfte und oberhalb der Schulter. "So einfach und doch die beste Lebensversicherung, die du haben kannst, wenn du dich in dein Auto setzt", sagt Bohlin.

Nicht nur er, sondern auch sein Arbeitgeber ist von der Erfindung überzeugt: Der Autohersteller Volvo meldet den "Dreipunkt-Sicherheitsgurt" am 29. August 1958 in Schweden zum Patent an. Bereits ein Jahr später werden in Skandinavien zwei Volvo-Modelle mit einem solchen Sicherheitssystem auf den Markt gebracht. Rasch ziehen andere Autofirmen nach, da Volvo die Erfindung allen zugänglich macht.

Unterschätzte Gefahr

Doch die meisten Autofahrer interessiert das in den 1960er-Jahren wenig. Viele unterschätzen die Gefahr und meinen, sich bei einem Unfall durch ihre Muskelkraft im Sitz halten zu können. "Diese Vorstellung, dass man sich mit den Armen abstützen könnte, ist Unsinn", sagt Ingenieur Bohlin. "Versuche zeigen, dass das nur bei Geschwindigkeiten bis zu sieben bis acht Kilometer pro Stunde funktioniert." Deshalb wird auch in Deutschland für den Gurt geworben: "Sicherheit ist wichtiger als Bequemlichkeit", sagt Egon Hoegen im Juli 1967 in der ARD-Verkehrssendung "Der siebte Sinn".

Bohlins Gurt-Modell ist anfangs noch statisch: Jeder Fahrer muss aufwendig von Hand die richtige Länge für sich erstellen. Ende der 1960er-Jahre gibt es die ersten Gurte mit Aufrollautomatik und Sperre, später sind sie auch höhenverstellbar. Trotz technischer Verbesserungen und Verkehrserziehung werden Sicherheitsgurte allerdings erst ab 1984 von der überwiegenden Mehrheit der Autofahrer genutzt: Von da an gilt für das Fahren ohne Gurt vorne im Wagen ein Bußgeld von 40 Mark. Wer heute die vorgeschriebenen Sicherheitsgurte nicht benutzt, zahlt 30 Euro - unabhängig davon, ob man auf den Vorder- oder Rücksitzen Platz nimmt.

Stand: 29.08.2013

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