Wie kalt oder heiß es ist, wissen die Menschen, seit Wissenschaftler wie Galileo Galilei um 1600 mit Flüssigkeiten experimentieren. Vorher war die Temperatur etwas Diffuses, jeder empfindet Kälte und Wärme anders. "Die Menschen damals werden ein Gefühl dafür gehabt haben, ob es kalt oder warm ist. Aber sie wollten es quantifizieren", erklärt Dr. Volker Ermert, Meteorologe an der Universität Köln. "War es in der Vergangenheit bereits einmal so warm gewesen, handelt es sich um einen Rekord oder verändert sich das Klima?"
"Hitze messen und Wein kühlen"
Galileo Galilei entwickelt mit dem Thermoskop erstmals eine Apparatur, die beweist, dass Temperatur eine messbare Größe ist. Um 1600 stellt er den Zuschauern an der Universität Padua ein dünnes Röhrchen vor, das am oberen Ende in einen Glaskolben mündet. Das untere, offene Ende taucht Galilei senkrecht in ein Gefäß mit gefärbtem Wasser. Dabei steigt etwas Flüssigkeit in das Röhrchen auf. Erwärmt der Gelehrte die Glaskugel mit den Händen, dehnt sich die Luft darin aus – und drückt die Wassersäule nach unten. Bei Abkühlung steigt das Wasser wieder an.
1613 übergibt er diese Apparatur seinem Freund, dem Venezianer Giovanni Francesco Sagredo, der sie um eine Skala ergänzt. Im Juli des gleichen Jahres schickt er einen Dankesbrief – allerdings auch aus anderen Gründen. "Das Eintreffen ihres besonders köstlichen Weines und die derzeit herrschende Hitze veranlassen mich zu der Überlegung, die Hitze zu messen und den Wein zu kühlen."
Am 12. Juli 1613 soll Sagredo mit seinen Messungen begonnen haben, sie gelten als die erste Aufzeichnung von Wettertemperaturdaten. Auch an anderen Orten wird die Temperatur danach gemessen: Ferdinand II., Großherzog der Toskana, baut ein luftdicht verschlossenes Thermoskop nach dem Modell Galileis, das mit Weingeist, einem Alkohol, gefüllt ist.
Einheitliche Daten liefert erst das Quecksilberthermometer
Doch ohne geeichte Instrumente fallen die Messungen je nach Ort sehr unterschiedlich aus. "Jeder hatte seine eigenen Instrumente und man wusste nicht, wie sie zusammenpassen", sagt der Physiker Christian Sichau, Ausstellungsleiter der Experimenta, einem Science Center in Heilbronn. Auch andere Einflüsse wie der Luftdruck und der Standort des Thermometers beeinflussen die Messungen.
Erst der Danziger Kaufmannssohn Daniel Fahrenheit schafft die Voraussetzung für eine einheitliche, vergleichbare und wissenschaftliche Temperaturmessung: Er erfindet 1718 das Quecksilberthermometer. Im Gegensatz zu Alkohol reagiert Quecksilber über einen weiten Messbereich gleichmäßig und siedet und verdampft erst bei großer Hitze. Eine Skala mit drei geeichten Punkten liefert Fahrenheit mit: die tiefste Temperatur des Winters 1709, die durchschnittliche Körpertemperatur des Menschen und den Gefrierpunkt des Wassers. Von da an ist der Vergleich von Temperaturdaten möglich, egal ob sich das Thermometer in Berlin oder Kopenhagen befindet. In Europa setzt sich ab 1742 jedoch die Skala des schwedischen Astronomen Anders Celsius durch, dessen Fixpunkte sich allein nach Gefrier- und Siedepunkt des Wassers richten. Die angelsächsischen Länder bleiben der Fahrenheit-Skala jedoch treu.
In Deutschland wird die Temperatur zurzeit an 500 verschiedenen Orten gemessen, am Boden und in der Atmosphäre. "Je nachdem wie stabil die Atmosphäre geschichtet ist, können wir abschätzen, ob es Gewitter gibt, Schauer oder schönes Wetter", erklärt der Kölner Meteorologe Volker Ermert. "Aber natürlich sind wir in unseren Vorhersagen nicht perfekt."
Stand: 12.07.2013
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