"Ein Bau von großer Höhe und wunderbarer Konstruktion", nennt Julius Cäsar den um 300 v. Chr. errichteten Pharos von Alexandria. Über 120 Meter hoch war der erste Leuchtturm der Erde und sein Licht soll 50 Kilometer weit über das Mittelmeer gestrahlt haben.
Als Erdbeben im Mittelalter das zu den sieben Weltwundern zählende Bauwerk zerstören, liegen Europas Küsten noch weitgehend im Dunklen. Nur wenige Schwimmlaternen oder Holztonnen warnen Seefahrer vor Riffs oder Untiefen. In der Außenweser, auf einer Sandbank rund 25 Kilometer vor Bremerhaven, entsteht 1855 das erste feste Leuchtfeuer Deutschlands. Um den 36 Meter hohen und 1.500 Tonnen schweren Leuchtturm "Hohe Weg" sicher in der rauen Nordsee zu verankern, müssen für das Fundament 120 lange Pfähle in das Wattenmeer gerammt werden.
Putzen, schmieren, polieren
In Schichten zu je vier Mann halten sturmerprobte Leuchtturmwärter die mächtige See-Laterne in Schuss; völlig isoliert bleiben sie teils bis zu acht Monate "an Bord". "Es gehörte schon eine ganze Portion innere Festigkeit dazu, um die Einsamkeit da draußen zu ertragen", weiß Jan Peter Beisel, der als Nautiker des Wasser- und Schifffahrtsamts Bremerhaven noch einige der alten "Seebären" kennengelernt hat.
An Arbeit mangelt es nicht auf den mit Petroleum, später mit Gas befeuerten Leuchttürmen. Laut Dienstanweisung von 1893 wird "bei Tagesanbruch der Regulierungshahn geschlossen und werden, noch ehe die ersten Sonnenstrahlen erscheinen, die Vorhänge der Laterne heruntergelassen. Dochte, Brenner und Cylinderträger werden geputzt, das Rauchrohr ist von Ruß zu reinigen. Sämtliche Theile der Drehmaschine sind sorgfältig zu reinigen, zu schmieren und zu polieren…"
Bei Nebel müssen die Leuchtturmwärter Schiffen mit Glocken, Nebelhörnern und Sirenen das Navigieren ermöglichen. Zudem geben sie per Telegraph Wettermeldungen und Seeverkehrsbeobachtungen an das Wasser- und Schifffahrtsamt durch. Ragt bei Ebbe die Sandbank von "Hohe Weg" aus dem Wasser, kann sich die Besatzung auch mal draußen die Füße vertreten.
Die Entmannung der Türme
Im Lauf der Zeit werden in allen Leuchttürmen Petroleum- und Gaslaternen durch elektrisches Licht ersetzt. Ab den 50er Jahren erleichtert immer mehr Elektronik den Dienst der Leuchtturmwärter, die inzwischen alle zwei Wochen abgelöst werden. Entlang der Nordseeküste tasten nun Radaranlagen in vier Türmen lückenlos das gesamte Seegebiet ab. Empfangen und verarbeitet werden die Daten für die Seezeichentafel der Leitstelle im Wasser- und Schifffahrtsamt.
Ende der 60er Jahre ist die Ära der robusten, wortkargen "Seebären" endgültig vorbei. Per Fernsteuerung übernimmt die Schaltzentrale in Bremerhaven nach und nach Betrieb und Kontrolle aller deutschen Seefeuer. Die Leuchtturmwärter müssen ihre einsamen Meeresposten verlassen und andere Aufgaben in ihrer Behörde übernehmen. Am 2. Juli 1973 wird mit "Hohe Weg" der letzte Turm "entmannt", wie es im Amtsdeutsch heißt. Zum Abschied erhalten Deutschlands letzte Leuchtturmwärter noch am selben Tag die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik.
Stand: 02.07.2013
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. Juli 2013 ebenfalls an die letzten deutschen Leuchtturmwärter. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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