Stichtag

30. Juni 1948: Erste öffentliche Vorführung des Transistors in den USA

Am Anfang war das Rauschen. In den 1940er-Jahren ist die Tonqualität von Telefonaten bescheiden, bei großen Distanzen verstehen sich die Gesprächspartner kaum. In den Bell Laboratories, der Forschungseinrichtung der US-amerikanischen Telefongesellschaft, sucht ein dreiköpfiges Forscherteam nach einer Lösung des Problems. Sie experimentieren mit Halbleiterelementen wie Germanium und Silizium – bereits schwächste Spannungen reichen aus, um sie als Schalter oder Verstärker zu benutzen.

Laborspielzeug mit wenigen Spezialanwendungen?

Nach mehr als zwei Jahren Arbeit haben es William Shockley, John Bardeen und Walter Brattain geschafft. Am 30. Juni 1948 stellen sie in New York ihren Germanium-Kristallverstärker vor. Die New York Times schreibt einen Tag später: "Ein Bauelement namens Transistor, das in Radiogeräten an einigen Stellen die üblichen Vakuumröhren ersetzen könnte, wurde gestern erstmals von den Bell-Telephone-Laboratorien vorgestellt. … Es ist sofort betriebsbereit, denn es gibt keine Verzögerung durch eine Aufwärmzeit." Wichtig ist die Meldung nicht, sie erscheint auf Seite 46 unter der Rubrik "Radio-Neuigkeiten". Der Transistor gilt zunächst als Laborspielzeug mit wenigen Spezialanwendungen bei Hörgeräten, Computern oder für militärische Kommunikation.

Der Transistor ersetzt die Elektronenröhre

Doch bereits 1953 heißt es in der amerikanischen Wirtschaftszeitschrift "Fortune": "Der Transistor wird mehr in Handel und Industrie verändern, als es der Verbrennungsmotor, die synthetische Faser oder vielleicht sogar die Atomenergie getan haben." Zu jener Zeit sind Radio-, Fernseh- und andere Elektrogeräte klobige Kästen. Ihre großen Elektronenröhren – vor dem Transistor das einzige Bauelement, mit dem elektrische Signale gesteuert werden können – brauchen fast eine Minute zum Aufwärmen, bevor man etwas hört oder sieht. In Geräten wie Telefonen, Fernsehapparaten und Radios ersetzt der Transistor nach und nach die Elektronenröhre – ist dabei aber viel kleiner und verbraucht weniger Energie. Als die japanische Firma Sony das Transistorradio auf den Markt bringt, ein tragbares Modell, das sogar in eine Hemd- oder Jackentasche passt, verändert sich auch der Alltag der Menschen: Ohne Transistoren geht nichts mehr in der Unterhaltungselektronik.

"Mini-Transistoren" sind Herzstück des Computerzeitalters

Diese Meinung teilt das Nobelpreiskomitee in Schweden: Shockley, Bardeen und Brattain werden 1956 mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. "Wir wussten, dass der Transistor nicht nur Ersatz für die Elektronenröhre war. Er eröffnete eine neue Dimension der Elektronik. Aber dass er sich so schnell durchsetzen würde, ahnten wir nicht", sagt Walter Brattain einige Jahre später, als die Erfindung bereits die Welt verändert hat. Es gibt kaum ein elektrisches Gerät, das seit den 1960er-Jahren keinen Transistor enthält. Und die Technik bleibt nicht bei einzelnen Transistoren stehen: 1958 baut der amerikanische Elektroingenieur Jack Kilby aus Halbleiterelementen den ersten integrierten Schaltkreis, eine Art ersten Mikrochip. Diese "Mini-Transistoren" sind das Herzstück des Computerzeitalters, ohne sie wäre der heutige Lebensstandard in den Industrieländern nicht denkbar. Die Grenzen der Miniaturisierung sind längst nicht erreicht: Transistoren der neuesten Generation können tausendmal feiner sein als ein menschliches Haar.

Stand: 30.06.2013

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