Max Grundig ist ein Technikfanatiker. Aber er will auch, dass seine Radios und Fernseher ästhetisch und funktional gefallen. Hin und wieder tastet er in einem dunklen Raum neue Geräte ab, um herauszufinden, ob man sie notfalls auch blind bedienen kann; oder er lässt sich Prototypen vom Chefdesigner mit einem schwarzen Tuch verhüllt bringen.
Dabei kann Grundig auch jähzornig werden: Wenn ihm ein Designvorschlag nicht auf den ersten Blick gefällt, kann es schon einmal passieren, dass er ein Gerät aus dem Fenster wirft, wie sich der ehemalige Pressechef Karl-Heinz-Schmidt erinnert: "20 Meter hoch, weg war's". Mit dieser Radikalität wächst Grundig zum größten Hersteller von Unterhaltungselektronik in Europa.
Die Wohnung als Labor
Geboren wird Grundig am 7. Mai 1908 in Nürnberg. Als sein Vater 1920 stirbt, muss er seine Mutter und seine drei Geschwister als Lehrling im Einzelhandel ernähren. Grundigs große Leidenschaft aber gilt dem Radio: Mit 16 Jahren experimentiert er in der Wohnung und bastelt seinen ersten Rundfunkdetektor sowie ein Gerät, das die Signale eines nahegelegenen Testsenders in Bildpunkte übersetzen kann: eine sehr frühe Form der Fernsehtechnik.
1930 macht sich Grundig mit einem kleinen Radiogeschäft in Fürth selbstständig. Zunächst repariert er nur die Geräte seiner stetig wachsenden Kundschaft; später aber bietet er auch eigene Rundfunkempfänger zum Verkauf an. Schon vier Jahre nach der Eröffnung muss er mit seinen Mitarbeitern in größere Räumlichkeiten umziehen.
Rundfunk im Bausatz
Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs produziert Grundig Zünder und Steuerungsgeräte für deutsche Raketen und lässt sich hierfür auch ukrainische Zwangsarbeitern zuweisen. Da er diese vergleichsweise gut behandelt, verhalten sich die amerikanischen Besatzungstruppen ihm gegenüber 1945 eher milde. Trotzdem darf er keine Rundfunkgeräte mehr bauen und eröffnet deshalb mit ehemaligen Mitarbeitern wieder ein Ladengeschäft.
Zusammen mit dem späteren Wirtschaftsminister und Kanzler Ludwig Erhardt entwickelt Grundig schon 1946 eine ebenso einfache wie geniale Idee, um das Verbot zu umgehen: Er präsentiert mit dem "Heinzelmann" einen Radiobausatz, den der Kunde zuhause selbst vollenden muss. "Im Nu hatte ich 5.000 Leute beschäftigt, nur mit dem Rundfunkgerät und den Nebenprodukten", wird sich Grundig später erinnern. Der Grundstock für den Weltkonzern ist gelegt.
Später steigt Grundig in das Geschäft mit Fernsehern und Videorekordern ein; bei Tonbandgeräten ist der Konzern lange Weltmarktführer. Die 70er Jahre hindurch ist Grundig zudem in allen Sparten europäischer Spitzenreiter. Doch dann verlässt ihn sein Gespür: Grundig erkennt zu spät die Gefahr, die von den billig produzierenden Konkurrenten aus Japan ausgeht, und muss schweren Herzens Entlassungen vornehmen; 1984 übergibt er die Unternehmensführung an den niederländischen Philips-Konzern. Fünf Jahre später stirbt Max Grundig in Baden-Baden.
Stand: 07.05.2013
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Mai 2013 ebenfalls an Max Grundig. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.