Wieder daheim in England schreibt George Vancouver das Buch seines Lebens, "A Voyage of Discovery". Der knapp 40-jährige Kapitän berichtet über die Reise, "in which the coast of north-west America has been carefully examined and accurately surveyed – auf der die Küste Nordwestamerikas sorgfältig untersucht und akkurat erfasst wurde". Sorgfältig und akkurat ist seine Karte von Kalifornien bis Alaska – so genau, dass sie noch im 20. Jahrhundert als Navigationshilfe verwendet wird. "Er war ein Buchhalter-Typ", sagt der Schweizer Historiker Urs Bitterli, emeritierter Professor der Universität Zürich.
Weil die Pazifikküste zwischen Kalifornien und Alaska mit ihren vielen Fjorden und Inseln eine der verwirrendsten der Welt ist, übersieht selbst der penible Vancouver zwei ihrer Flüsse: den Fraser River und den Columbia River. Wissenschaftler können bis heute schwer begreifen, wie es zu diesem Fehler kam. Dennoch überdauert Vancouvers Name seinen Tod am 10. Mai 1798: Eine Insel direkt vor der Küste trägt seinen Namen. Später wird gegenüber auf dem Festland Kanadas drittgrößte Stadt entstehen, Vancouver.
Vancouver soll Nordwestpassage finden
Lange bevor amerikanische Siedler den wilden Westen des Kontinents erreichen, treiben die Seemächte England und Spanien die Erforschung der Pazifikküste vom Wasser aus voran. Sie wollen sich Kolonien sichern - und ihren Anteil am Handel mit wertvollen Pelzen, denn vor der nordamerikanischen Pazifikküste schwimmen die Seeottern in Scharen. Einer, der ausgesandt wird, um den damals weitgehend unbekannten Landstrich zu kartieren, ist der Brite George Vancouver.
"Am 5. Dezember 1790 hatte ich die Ehre, das Kommando über das Schiff seiner Majestät, die Discovery, zu erhalten", schreibt Vancouver. Als er von England aus in See sticht, hat er folgenden Auftrag: "Untersuchen Sie, ob irgendeine schiffbare Verbindung zwischen dem Nordpazifik und dem Nordatlantik existiert."
Abbruch der Mission bei schwerem Sturm und Eisgang
Mehrere Jahre erforscht George Vancouver die Küste von Kalifornien bis Alaska, lässt seine Männer in Ruderbooten ein Labyrinth aus engen Fjorden und kleinen Inseln abfahren. Noch weiter im Norden wird es ungemütlich: "Heavy gale", schreibt Vancouver, und "heavy ice drift" – schwerer Sturm und Eisgang. Er stellt zumindest fest, dass es bis hoch zum 65. Breitengrad keine Nordwestpassage gibt – und bricht die Mission ab. "Er ist kein Abenteurertyp gewesen, er besaß Verantwortungsgefühl für seine Mannschaft", sagt der Historiker Bitterli.
Als George Vancouver nach dreieinhalb Jahren wieder in der Heimat ankommt, hat er die exaktesten Karten der nordamerikanischen Westküste im Gepäck und zugleich ein Verfahren am Hals: "Man warf ihm vor, er sei autoritär aufgetreten", erklärt Bitterli. Er zieht sich zurück und schreibt seinen Reisebericht, "carefully ... and accurately" – sorgfältig und akkurat. Er stirbt im Alter von 40 Jahren vermutlich an Nierenversagen oder einer Schilddrüsenüberfunktion – auf den Landkarten Nordamerikas jedoch ist sein Name unsterblich.
Stand: 10.05.2013
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