Der chinesische Regisseur Zhang Yimou 1988 mit einem Goldenen Bären

Stichtag

23. Februar 1988 - Zhang Yimou erhält den Goldenen Bären

"Ich stehe hier für das Volk, das die meisten Filmzuschauer der Welt hat", sagt Zhang Yimou in seiner Dankesrede, als er am 23. Februar 1988 bei der Berlinale für seinen Film "Das rote Kornfeld" mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wird. Damit hat zum ersten Mal ein Chinese bei einem der europäischen Spitzenfestivals den Hauptpreis gewonnen. Die Entscheidung der Berlinale-Jury für den Außenseiter Zhang ist eine Überraschung. Die meisten Filmkritiker sind allerdings nicht so euphorisch. Die Story sei zwar schön erzählt, aber leider nicht immer leicht zugänglich.

Der Titel von Zhangs Erstlingswerk heißt im Original "hong gaoling" ("Rote Sorghumhirse"). Der Film spielt Ende der 1930er und Anfang der 1940er Jahre in den riesigen Hirsefeldern rund um das nordost-chinesische Dorf Gaomi - ein Ort, der als Banditen- und Liebesnest Schauplatz von Kämpfen auf Leben und Tod ist. Eine junge Frau soll an den leprakranken Sohn einer Schnapsbrennerei verheiratet werden. Auf dem Weg zu ihrer Vermählung verliebt sie sich allerdings in einen der Träger ihrer Hochzeitssänfte und wird von ihm in einem Hirsefeld entjungfert - und schwanger. Als der Schnapsbrenner stirbt, führt die Frau den Betrieb weiter und arrangiert sich mit dem Vater ihres Kindes. Jahre später erobern die Japaner das Land und bauen eine Straße durch die Hirsefelder. Es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen mit den Bewohnern der Gegend.

Opfer der "Kulturrevolution"

Zunächst deutet nichts auf eine internationale Karriere von Zhang Yimou hin. Er wird 1951 in Xian im Nordosten Chinas geboren. Weil sein Vater der Guomindang-Armee - den Gegnern Maos - angehört, bekommt Zhang Yimou immer wieder politische Repressionen zu spüren. Während der sogenannten Kulturrevolution wird er als Bauer aufs Land geschickt, später arbeitet er jahrelang in einer Textilfabrik. Erst 1978 - nach der Öffnung Chinas - darf der 27 Jährige an der Filmhochschule in Peking Kamera studieren. Nach seinem Abschluss fünf Jahre später gehört er zur sogenannten fünften Generation des chinesischen Films. Diese sucht nach einem neuen, realistischeren Filmstil - der von der chinesischen Zensur misstrauisch beobachtet wird.

"Es war das Schicksal, das mich in die Filmindustrie brachte, jetzt ist es Passion, eine lebenslange Liebe", sagt Zhang Yimou rückblickend. Er inszeniert einen Film nach dem anderen. Ihre Kennzeichen sind opulente Bilder, bewegende Musik und eindrucksvolle Farben, die für ihn verschiedene Bedeutungen haben. Rot ist die Farbe seiner frühen Filme und steht für Leidenschaft, Liebe und Blut.

"Ich habe meine Art geändert"

Bis Ende der 1990er Jahre gelten Zhang Yimous Werke als mutig: Die Filmfiguren, meist junge Frauen, lehnen sich gegen die Tradition oder die Obrigkeit auf. Dann folgt eine neue Phase: Zhang Yimou verfilmt Massen-Spektakel wie die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking 1998. Nach 2000 folgen Kassenschlager wie "House of the Flying Daggers" ("Haus der Fliegenden Dolche") und "Hero" ("Held"). Filme für den Massengeschmack und nach dem Willen der chinesischen Zensoren, so der Vorwurf einiger Kritiker. Zhang Yimous Erklärung dafür ist eine andere: "Ich habe meine Art geändert entsprechend der Entwicklung in China und der Entwicklung der Filmindustrie." So etwas könne man nicht planen. "Wir müssen uns alle an die Veränderungen der Zeit anpassen."

Möglicherweise gibt es auch einen kommerziellen Hintergrund für die Stiländerung: Seit rund 15 Jahren finanziert ein chinesischer Immobilientycoon die Filme Zhang Yimous. Unabhängig davon: Seine Filme haben weltweit immer wieder Preise gewonnen. Als Erfolgsrezept nennt der Regisseur "Vertrauen und Konstanz": "Niemand fragt dich, was du machen willst, du willst es, es ist Deine Wahl, das ist der Schlüssel." Auch die junge Frau in seinem ersten Film "Das rote Kornfeld" hat keine Wahl. Aber sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand. Weil sie die kämpfenden Soldaten ihres Dorfes mit Essen versorgen will, stirbt sie schließlich im Kampf gegen die japanischen Besatzer.

Stand: 23.02.2013

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