Fernsehpionier Walter Bruch zeigt die Farbskala des PAL-Systems

Stichtag

3. Januar 1963 - Erste Vorführung des PAL-Farbfernsehens

Die Ära des Farbfernsehens beginnt 1954 in den USA. Doch die bunte Fernsehwelt leidet unter einem Geburtsfehler: Die Codierung der Farbsignale durch das so genannte NTSC-System (National Television Systems Committee) ist notorisch instabil. Die Zuschauer müssen alle 15 Minuten aufstehen und die Farben am Fernseher nachjustieren; eine Fernbedienung gibt es noch nicht. Kein Wunder, dass NTSC als "Never the same colour" (Nie dieselbe Farbe) buchstabiert wird.

Während NTSC Amerika auf Trab hält, erforscht in Hannover ein Telefunken-Ingenieur, wie der lästige Farbbrei vermieden werden kann. Walter Bruch gilt als einer der findigsten TV-Pioniere. 1936 hatte er die Kameras für die Übertragungen von den Olympischen Spielen konstruiert. Ohne Unterstützung seines Unternehmens entwickelt Bruch ein Fernsehsystem, das Farben brillant und ohne Schwankungen wiedergibt. Am 3. Januar 1963 präsentiert er sein PAL (Phase Alternating Line) erstmals vor europäischen Experten.

Farbsendetechnik aus dem WDR-Labor

Bruchs PAL-System verdreht in jeder zweiten der 625 Zeilen, aus denen ein Fernsehbild besteht, das rote Farbsignal durch eine Phasenverschiebung um 180 Grad. Dadurch gleichen sich auftretende Rot-, Grün- und Blaustiche des Bildes automatisch aus. Eine geniale Idee, aber Bruch verzichtet darauf, dem später von mehr als 120 Ländern übernommenen Format seinen Namen zu geben: "Was meinen Sie, was passiert wäre, wenn ich es Bruch-System genannt hätte."  

Bis das deutsche Fernsehen im PAL-Standard senden kann, sind jedoch noch höchst komplexe Probleme zu lösen. Unter Leitung des WDR-Ingenieurs Franz Josef In der Smitten wird in Köln-Ehrenfeld ein Farbfernseh-Versuchslabor eingerichtet. Im Auftrag der ARD-Anstalten entwickeln WDR-Techniker dort die gesamten Studio-, Sende- und Empfangsanlagen für die Dreikanal-Farbtechnik. Das Team muss aber auch sicherstellen, dass PAL von Schwarz-Weiß-Geräten weiter in gewohnter Qualität empfangen werden kann.

Bühnenbauer, Kostüm- und Maskenbildner müssen nun radikal umlernen. Weiß vor der Kamera ist ebenso tabu wie karierte und gestreifte Kleidung. Glas oder Metall dürfen nicht mehr reflektieren; Farben müssen aufeinander abgestimmt werden, um in Schwarz-Weiß genügend Kontraste bieten. Da Farbkameras viel mehr Licht benötigen, erhitzen ganze Scheinwerfer-Batterien die Studios auf bis zu 50 Grad. Das erfordert eine neue hitzebeständige Schminke, die die Akteure vor den Kameras nicht wie bemalte Clowns aussehen lässt.

Brandts legendärer Farb-Frühstart

Parallel zur technischen Entwicklung streiten Europas Politiker um den künftig dominierenden Farb-Standard. Frankreich sendet seit Anfang der 60er Jahre im eigenen SECAM-System farbig und Staatspräsident Charles de Gaulle lehnt strikt ab, den technisch überlegenen PAL-Standard zu übernehmen. Zwar mahnte der damalige deutsche Außenminister Willy Brandt: "Die farbfernsehtechnische Trennung zwischen…ganz engen Nachbarn dieses Kontinents ist unvernünftig, wirtschaftlich und politisch unvernünftig." Doch eine Einigung kommt – bis heute - nicht zustande; Frankreichs TV-Anstalten senden weiter in SECAM.

Auch der gesamte Ostblock, inklusive der DDR, sowie einige afrikanische Staaten entscheiden sich für das französische System. Doch nicht zuletzt dank der rührigen PR-Arbeit von Walter Bruch setzt sich sein System in vielen anderen Staaten durch.

Am 25. August 1967 bricht in der Bundesrepublik das Farbfernseh-Zeitalter an – allerdings mit einer Panne: Erst Sekunden, nachdem Willy Brandt als Vizekanzler im Fernsehen live auf den roten Start-Button gedrückt hat, wird der Knopf tatsächlich rot - und das Fernsehbild bunt. Heute, 50 Jahre nach der ersten Vorführung des PAL-Systems, sind seine Tage gezählt. Das digitale Fernsehen kommt ohne eine Codierung der Farbsignale durch PAL oder SECAM aus.

Stand: 03.01.2013

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