Ozon ist Schutz und Gefahr zugleich: Während das Gas in Erdbodennähe die Atemwege reizen und schädigen kann, bildet Ozon in rund 40 Kilometer Höhe einen Schutzschild. Die Ozonschicht in der Stratosphäre filtert einen großen Teil der UV-Strahlung, vor allem den Teil, der Hautkrebs auslöst und Mikroorganismen umbringt. In den 1970er Jahren lässt sich allerdings nicht mehr übersehen, dass sich über dem Südpol ein riesiges Ozonloch bildet. Die Ursache dafür sind Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW), die erstmals 1929 in den USA für die industrielle Nutzung hergestellt und ab den 1950er Jahren massenhaft produziert werden. FCKW sind geruchlos, nicht entzündlich und gehen kaum Verbindungen mit anderen Stoffen ein. Sie sind ideal als Treibgas in Sprühdosen und als Kältemittel in Kühlschränken.
Die lange nicht bemerkte Bedrohung: Im antarktischen Winter erreichen die Temperaturen Tiefen, bei denen FCKW eben doch chemisch reagieren können. In die Stratosphäre aufgestiegen, zerstören sie das dortige Ozon. Die Nordhalbkugel ist weniger betroffen, weil die Temperaturen dort den kritischen Wert von minus 78 Grad seltener erreichen.
FCKW, Ozonloch und Krebsgefahr
1957 zeichnen Wissenschaftler der britischen Forschungsstation Halley Bay in der Antarktis erstmals eine Ausdünnung der Ozonschicht auf. Doch das Ergebnis wird vorerst nicht weiter beachtet. Das ändert sich, als 1974 die US-Wissenschaftler Sherwood Rowland und Mario Molino den Einfluss von FCKW auf die Ozonschicht nachweisen. Die NASA startet ein großes Messprogramm: Ein ehemaliges Spionageflugzeug, Peilungsraketen und Satelliten senden Daten. Als der Zusammenhang zwischen FCKW, Ozonloch und Krebsgefahr hergestellt wird, steigt der öffentliche Druck. Die USA und einige skandinavische Länder verbieten 1978 FCKW in Spraydosen. Die Bundesrepublik Deutschland und die damalige EWG unternehmen jedoch noch nichts.
Wissenschaftler wie der niederländische Chemiker, Meteorologe und spätere Nobelpreisträger Paul Crutzen weisen auf die Halbwertszeit von FCKW hin und warnen eindringlich: "Was wir jetzt rausschicken, bleibt mehr als 50 Jahre in der Atmosphäre hängen." Es werde zu einer deutlichen Vermehrung von Hautkrebs kommen. Schließlich kommt Bewegung in die Angelegenheit: In Wien und Genf finden zwei UN-Konferenzen statt, doch sie scheitern. Die Teilnehmer können sich nicht einigen. Sieben Monate später klappt es dann: Bei einer UN-Umweltkonferenz in der kanadischen Stadt Montreal unterzeichnen die Vertreter von 46 Ländern am 16. September 1987 das Montrealer Protokoll, das 1989 in Kraft tritt. Es ist das erste verbindliche internationale Abkommen, das die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, ihren FCKW-Ausstoß innerhalb von zehn Jahren zu halbieren.
Der Ausstieg aus der Produktion
Mehrere Staaten der Dritten Welt fordern jedoch Ausnahmen zum Schutz ihrer noch wenig leistungsfähigen Industrien. Die reichen Länder investieren deshalb rund 1,5 Milliarden Dollar in einen Fonds, um die Entwicklungsländer dazu zu bewegen, statt der billigen FCKW neue und schonendere Treib- und Kühlmittel zu verwenden. Auch die deutsche Industrie wehrt sich zunächst gegen das Ziel, FCKW ganz abzuschaffen: Ein Verbot werde Arbeitsplätze kosten, ganz ohne FCKW gehe es nicht. Dann beweist die Umweltschutzorganisation Greenpeace das Gegenteil und entwickelt einen Kühlschrank ohne oszonschädigende Substanzen. Die Folge: 1994 steigt die Bundesrepublik als erstes Land komplett aus der FCKW-Produktion aus.
Weltweit ist die Herstellung von FCKW mittlerweile um 90 Prozent gesunken. Insgesamt erholt sich die Ozonschicht langsam. Trotzdem ist das Ozonloch weiterhin ein Problem: "Die Ozonschicht über dem Nordpol ist in diesem Winter so stark zurückgegangen wie noch nie - um 40 Prozent", meldet die Tagesschau am 5. April 2011. "Normal sind im Winterhalbjahr etwa 30 Prozent."
Stand: 16.09.2012
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