Logos des IWF und der Weltbank

Stichtag

14. August 1952 - BRD wird Mitglied von Weltbank und IWF

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs treffen sich im Sommer 1944 die Vertreter von 44 alliierten Ländern zu einer internationalen Geld- und Finanzkonferenz. In Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire beschließen sie, wie Europa nach dem Sieg wirtschaftlich wieder aufgebaut und wie künftig eine Weltwirtschaftskrise wie jene von 1929 verhindert werden kann.

Das Ergebnis: Für die westlichen Währungen werden feste Wechselkurse eingeführt und zwei Institutionen ins Leben gerufen - der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, kurz Weltbank. Während die Weltbank Kredite an ärmere Länder zum Wirtschaftsaufbau vergibt, kümmert sich der IWF um den globalen Zahlungsverkehr. Über den IWF sollen sich schwächere Länder günstig Devisen beschaffen können. Die dabei geltenden Regeln setzen weitgehend die mächtigen USA fest: In beiden Organisationen kann nichts gegen sie entschieden werden - dank einer Sperrminorität.

Zugang zu den westlichen Märkten

Die Bundesrepublik Deutschland erholt sich vom Weltkrieg schneller als erwartet. Zudem wird sie gebraucht: Im aufkommenden Kalten Krieg ist West-Deutschland zum Fronstaat geworden, den die USA festigen und unterstützen wollen. Diese Chance wiederum nutzt Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU), um seine Position zu stärken. Er verfolgt dabei eine Doppelstrategie: Einerseits strebt er eine enge Kooperation mit den Westmächten plus Wiederaufrüstung an. Andererseits verlangt Adenauer dafür eine schnelle Souveränität seines neuen Staates - und handelt den im Mai 1952 unterzeichneten, sogenannten Deutschlandvertrag aus.

Dadurch ist der Weg frei: Am 14. August 1952 wird die Bundesrepublik Deutschland Mitglied von IWF und Weltbank, die einen sicheren wirtschaftlichen Rahmen bieten. Nachdem die Absatzmöglichkeiten im Osten weggebrochen sind, stehen der Bundesrepublik nun die Märkte in Westeuropa und den USA für ihre Exporte zur Verfügung - eine passende Unterstützung der von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (CDU) propagierten "Soziale Marktwirschaft". Parallel dazu räumt der Kanzler zwei Hindernisse für eine wirtschaftliche Besserstellung aus dem Weg: Die gigantischen Alt-Schulden aus dem Zweiten Weltkrieg wird die Bundesrepublik weitgehend durch das Londoner Schuldenabkommen vom Februar 1953 los. Außerdem handelt Adenauer mit Israel das sogenannte Wiedergutmachungs-Abkommen, das bereits im September 1952 unterzeichnet wird.

Kritik an IWF und Weltbank

Der westdeutsche Einfluss in beiden Bretton-Woods-Organisationen steigt. Bei der Weltbank erhält die Bundesrepublik einen Direktorenposten. Die Weltbank selbst finanziert sich zu großen Teilen durch Anleihen auf dem Kapitalmarkt und fördert vor allem Großprojekte. Riesen-Kraftwerke, breite Straßen und gigantische Bewässerungsanlagen sollen Hunger und Armut bekämpfen. Doch seit den 1980er Jahren werden solche Projekte wegen ihrer ökologischen und sozialen Folgen immer stärker kritisiert - wie etwa der Narmada-Staudamm in Indien. Die Weltbank zieht sich schließlich aus dem Projekt zurück.

Noch stärker sind die Proteste gegen den IWF. Denn er agiert oft einseitig im Sinne der USA. So bekommen Militärdiktaturen wie jene in Argentinien und Chile mühelos Unterstützung. Länder, die in Not geraten, müssen sich einem harten Spardiktat unterwerfen. Der IWF schreibt ihnen vor, Einfuhrzölle abzuschaffen. Die Folge: Auch deutsche Großkonzerne überschwemmen die Märkte der Krisenländer mit ihren Produkten und verdrängen die einheimischen Hersteller. "Man ist inzwischen doch eher davon überzeugt, dass gerade Entwicklungsländer auch bestimmte protektionistische Züge haben müssen, um ihre Wirtschaft gegen die Übermacht der Multis oder der anderen, führenden Handelsnationen schützen zu können", sagt Werner Abelshauser, Wirtschaftshistoriker an der Uni Bielefeld.

Stand: 14.08.2012

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