Die drei Musketiere, Der Graf von Monte Christo, Königin Margot - drei historische Abenteuerromane, drei Welterfolge, darunter ein Name: Alexandre Dumas der Ältere. Seit er 2002 ins Pariser Panthéon aufgenommen wurde, der Ruhmeshalle Frankreichs, gilt er erstmals als Literat und nicht mehr nur als volkstümlicher Bestsellerautor. Seine Zeitgenossen dachten: Dieser melodramatische Zeilenschinder, dieser Vielfraß und Frauenheld kann kein seriöser Schriftsteller sein. "Dumas ist seinem Wesen nach unrein", erklärt der Dumas-Experte Claude Schopp im französischen Radio. "Ein Mischling. Überall, auch in der Literatur. Er hat die Kunstgattungen vermischt: zum Beispiel Theater und Roman. Offenbar gibt es eine Art ‚reine Literatur’, von der Dumas ausgeschlossen wurde."
Sohn eines farbigen Generals
Alexandre Dumas, geboren am 24. Juli 1802 in Villers-Cotterêts nordöstlich von Paris, hat eine besondere Familiengeschichte: Er ist der Sohn des ersten farbigen Generals der französischen Revolutionsarmee. Seine Großeltern sind ein nordfranzösischer Aristokrat und eine afrikanische Sklavin aus dem heutigen Haiti. Der imposante Vater führt ein romanreifes Heldenleben legt sich sogar mit Napoleon an, wofür er geächtet wird. Der Biograf Daniel Zimmermann berichtet von einer Begebenheit in Dumas' Leben: "Eines Tages erging sich in Gesellschaft irgendein Salonlöwe in rassistischen Bemerkungen über Schwarze. Immer lauter und provozierender. Dumas blieb ungerührt und tat, als ob er nichts höre. Schließlich sprach ihn der Mann direkt an: ‚Herr Dumas, Sie kennen sich mit Negern doch bestens aus!’ – ‚Sehr wohl, mein Herr: mein Vater war Mulatte, mein Großvater Neger, mein Urgroßvater Affe. Sehen Sie: meine Familie fängt da an, wo Ihre aufhört’!"
Dumas lässt andere für sich schreiben
Die späte offizielle Ehrung im Jahr 2002 gilt auch dem engagierten Republikaner und Humanisten: Alexandre Dumas kämpfte während der Juli-Revolution auf den Pariser Barrikaden. Andere Details seiner Memoiren sind dagegen wohl schlicht erfunden, etwa die Behauptung, er habe bestimmt "500 Bastarde" gezeugt. "Sie, Meister, haben es so gut verstanden, mit unseren Chroniken und Memoiren zu spielen, dass die Nachwelt nicht mehr das Wahre vom Falschen unterscheiden, und alle historischen Figuren, die in Ihren Romanen vorkommen, mit Ihren Erfindungen beladen wird", erkennt bereits der Dichter Gérard de Nerval, einer von Dumas’ zahlreichen Mitarbeitern. Denn wie ein Maler der Renaissance oder ein zeitgenössischer Konzeptkünstler lässt der Vielschreiber auch andere für sich schreiben und verbirgt dies nicht. "Wenn Dumas wiederkäme, und man ihm iphones oder ipads gäbe, würde er dafür Fortsetzungsromane schreiben! Man stelle sich nur mal vor, was schöpferische Leute wie Dumas damit alles machen könnten! Heute schreibt niemand mehr so besessen wie er", sagt der französische Drehbuchautor Didier Decoin, derzeit Vorsitzender des französischen Vereins der Dumas-Freunde.
Victor Hugo: Niemand war populärer als Dumas
Einmal verfasst Alexandre Dumas, der oft zwölf Stunden täglich schreibt, ein Theaterstück in sechs Tagen. Tatsächlich ist er mit über 37.000 Romanfiguren in mehr als 600 Manuskripten einer der produktivsten Literaten überhaupt. Sein Freund und Kollege Victor Hugo, der selbst direkt nach seinem Tod 1885 ins Panthéon einzieht, weiß schon damals: "In diesem Jahrhundert war niemand populärer als Alexandre Dumas. Seine Erfolge sind mehr als Erfolge, es sind Triumphe, sie glänzen wie Fanfaren. Der Name Alexandre Dumas ist nicht nur französisch, er ist europäisch; mehr als europäisch: universell."
Stand: 24.07.2012
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