Stichtag

11. Mai 1892 - Margaret Rutherford wird geboren

Sie: resolut, das weite Cape über die Schulter geworden. Er: altjüngferlich betulich und immer etwas ängstlich. So treten Miss Marple und ihr Verehrer Mister Stringer in Verfilmungen von Agatha Christies Kriminalromanen auf. Gespielt wird das skurrile Ermittlerduo von Margaret Rutherford und ihrem Mann, Stringer Davis. Vier Filme, die von 1961 bis 1964 entstehen, machen sie berühmt: "16.50 Uhr ab Paddington", "Der Wachsblumenstrauß", "Vier Frauen und ein Mord" und "Mörder Ahoi".

Im Film sind Jane Marple und ihr Vertrauter Jim Stinger leidenschaftliche Krimileser - und der Polizei immer einen Schritt voraus. Im wirklichen Leben kann Margaret Rutherford mit Krimis hingegen wenig anfangen, was wohl mit ihrer Familiengeschichte zusammenhängt. Beide Eltern sind psychisch labil: Im Wahn erschlägt Vater William eines Nachts seinen eigenen Vater. Einige Jahre später bringt sich Mutter Florence um, als sie zum zweiten Mal schwanger ist. Ihr Leben lang leidet Margaret Rutherford, die am 11. Mai 1892 in London geboren wird, unter Depressionen. Manchmal verlässt sie wochenlang nicht das Bett.

Stets eine Rolle für ihren Mann

Obwohl Margaret Rutherford von klein auf Schauspielerin werden will, scheint ihr Traumberuf zunächst unerreichbar. Tante Bessie, bei der sie aufwächst, besteht auf einem handfesteren Beruf. Margaret wird zunächst Klavierlehrerin, später pflegt sie ihre Tante. Erst 1925, mit 33 Jahren, hat Rutherford ihren ersten richtigen Bühnenauftritt: als Dienerin in Shakespeares "Kaufmann von Venedig". Ihre Karriere geht langsam voran, sie lernt ihr Handwerk erst durch die Praxis. Doch sie kämpft sich nach oben, wird zur Perfektionistin mit exaktem Timing und mimischer Ausdruckskraft: "Wenn man so ein Gesicht hat wie ich - die Amerikaner haben es 'ein englisches Muffin' genannt - muss man lernen, damit zu leben. Das ist mir, glaube ich, gelungen."

Der Durchbruch kommt 1939 mit ihrer Rolle als schusselige Gouvernante in Oscar Wildes "The Importance of being Earnest" (deutscher Titel: "Ernst sein ist alles" oder "Bunbury"). Als Geisterbeschwörerin hat sie in "Blithe Spirit" (deutscher Titel: "Geisterkomödie") 1944 ihren ersten großen Leinwand-Erfolg. Es folgen Tourneen in die USA und nach Kanada. Überall, wo sie spielt - beim Film oder am Theater -, besteht Rutherford darauf, dass ein bestimmter Schauspieler ebenfalls eine Rolle bekommt: ihr Mann. Sie sorgt für sein Engagement; er dafür, dass es ihr gut geht. "Ich spiele gerne, weil ich zu einer anderen Person werde", sagt Rutherford.

Oscar und Adelstitel

1964 erhält Margaret Rutherford den Oscar als beste Nebendarstellerin im Film "Hotel International". Darin spielt sie an der Seite von Liz Taylor, Richard Burton und Orson Welles die verschrobene alte Herzogin von Brighton.

Drei Jahre später wird Rutherford von Queen Elisabeth II. geadelt und zur "Dame Commander of the British Empire" ernannt. Kurz nach ihrem 80. Geburtstag stirbt Rutherford, die an Alzheimer erkrankt war, am 22. Mai 1972 in Buckinghamshire. Stringer Davis stirbt im Jahr darauf. Er wird im selben Grab bestattet.

Stand: 11.05.2012

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