Gestern Frankfurt, morgen New York. So wirbt die Deutsche Zeppelin-Reederei in den 30er-Jahren für ihre Linienflüge über den Atlantik - mit dem Zeppelin LZ 129 Hindenburg, einem der beiden größten jemals gebauten Luftfahrzeuge. Eugen Bentele, Maschinist an Bord, beschreibt den Start so: "Der Passagier hat gar nicht den Eindruck, dass er in die Luft geht. Er schaut zum Fenster heraus, sieht ganz klar und die Erde geht weg." Zeppeline sind anders als Flugzeuge: Ein Zeppelin fliegt nicht, er fährt. Denn er ist leichter als Luft. Den Atlantik überfliegt das Schiff oft in einer Höhe von 200 bis 300 Metern. Bentele erzählt: "Nachts, wenn der Vollmond genau über dem Luftschiff stand und die Luft feucht war, dann bildeten sich Regenbogen." Bis zu 72 Passagiere können mit der "Hindenburg" reisen. Jeder Gast bezieht eine Kabine mit Klimaanlage, Kalt- und Warmwasser. Die Kellner servieren zum Frühstück frische Brötchen und am übrigen Tag zwei warme Mahlzeiten. Zur Verfügung der Passagiere stehen eine Bar, eine Bordbibliothek, Briefpapier, Postkarten, ein Schuhputzservice und ein Rauchsalon. Wovon die Gäste meist wenig mitbekommen, ist die Fracht: lebende Tiere für Zoos, Autos oder ein kleines Flugzeug und jede Menge Post.
Das Luftschiff verbrennt binnen 32 Sekunden
Die letzte Fahrt der "Hindenburg" verläuft zunächst ganz nach Plan. Am 3. Mai 1937 hebt sie in Frankfurt am Main ab und erreicht knapp drei Tage später den Ankermast von Lakehurst südlich von New York. Die Menschen erwarten das Schiff bereits. Das Schiff, in 70 Metern Höhe, wird abgebremst, die Crew wirft zwei lange Taue aus. "Dann gab es einen kräftigen Stoß durchs Schiff. Ich schaue raus. Da hat das Schiff schon vom Heck bis zu meiner Gondel gebrannt", erinnert sich der Hindenburg-Maschinist Eugen Bentele. Das Luftschiff verbrennt binnen 32 Sekunden und stürzt zu Boden. Bentele überlebt, 23 Passagiere und 38 weitere Besatzungsmitglieder ebenso. 35 der 97 Menschen an Bord sowie ein Mann der amerikanischen Bodenmannschaft sterben.
Passagierverkehr mit Wasserstoff ist unverantwortlich
Die Ursache ist bis heute unklar. Wahrscheinlich ist eine der Gaszellen im Heckbereich bei der Landeanfahrt beschädigt worden, sodass Wasserstoff austreten und sich an einem Funken entzünden konnte. Mit dem Unglück ist die Verkehrsluftschifffahrt beendet. Barbara Waibel, Leiterin des Archivs im Zeppelin-Museum in Friedrichshafen, dem Ort, an dem die Hindenburg 1936 fertiggestellt wurde, erklärt: "Es war allen klar: Mit Wasserstoff ist ein Passagierverkehr einfach unverantwortlich." Da die Amerikaner aber kein unbrennbares Helium an Nazi-Deutschland liefern, gibt es damals keine Alternative zum gefährlichen Wasserstoff. Die Ära der Zeppeline geht also über dem Flugfeld von Lakehurst zu Ende. Die LZ 129 Hindenburg war zehn Mal in die USA und sieben Mal nach Rio de Janeiro geflogen. Ein zweites großes Luftschiff, die Graf Zeppelin II, wird zwar noch fertig gebaut, unternimmt aber nur einige Versuchs- und Propagandafahrten.
Stand: 03.05.2012
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 3. Mai 2012 ebenfalls an das Luftschiff Hindenburg. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.