Am Anfang steht ein Arzt, Daniel Gottlieb Schreber, der um 1850 für die Kinder der Industriearbeiter Spielplätze in der Natur fordert. Es folgt ein Schuldirektor, Ernst Hauschild, der ab 1864 in Leipzig solche kleinen Oasen gründet und sie nach dem Arzt benennt. Die "Schrebergartenbewegung" ist geboren.In den grauen Industriestädten des Kaiserreiches werden die Kleingärten Rückzugsorte der kleinen Leute. Da treffen sich "Mann, Frau und Kinder nach schwerer Tagesarbeit vereint zu harmlosem Lebensgenuss in gesunder, kräftiger Luft auf eigener Scholle", wie das "Rote Kreuz Heft" 1903 zu berichten weiß. Im ersten Weltkrieg werden sie Überlebenshilfe: Hier wachsen Kartoffeln und Kohl im eigenen Garten.
Aber Grundstücke in Städten sind teuer und die Pacht für ein Stück "eigener Scholle" steigt ständig. Dagegen erlässt die verfassunggebende Versammlung der Weimarer Republik am 31. Juli 1919 die "Kleingartenordnung und Kleinpachtlandverordnung". Ihr erster und wichtigster Paragraph lautet: "Zum Zwecke nichtgewerbsmäßiger gärtnerischer Nutzung dürfen Grundstücke nicht zu höheren als den der unteren Verwaltungsbehörde festgesetzten Preisen verpachtet werden."
Preiswertes Land für Kleingärtner gehört also zu den Grundfesten der ersten deutschen Demokratie - und so überdauert die Verordnung Regimewechsel und Krieg bis heute. Noch 1994 bestätigt der Bundestag die Pachtpreisbindung. Derzeit beackern 1,3 Millionen Jünger von Dr. Schreber die eigene Scholle für eine Pacht von nicht mehr als 150 Euro pro Jahr. Und auch wenn hier inzwischen mehr Grillwürstchen verbraucht als Kartoffeln angebaut werden, erfreut die eigene Scholle doch immer noch "Mann, Frau und Kinder in harmlosem Lebensgenuss".
Stand: 31.07.04