Stichtag

03. August 2010 - Vor 5 Jahren: Mahmud Ahmadinedschad tritt Präsidentenamt an

Die Empörung ist groß: Im Sommer 2006 plant der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, zur Fußballweltmeisterschaft in die Bundesrepublik zu kommen. "Wenn er nach Deutschland käme, würde ihn nur der Diplomatenpass davon abhalten, verhaftet zu werden", sagt der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU). "Ein Verbrecher wie Ahmadinedschad ist nicht willkommen." Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, ergänzt: "Der iranische Präsident ist ein Holocaust-Leugner. Und den Holocaust leugnen steht bei uns unter Strafe." Zum ersten Spiel seiner Nationalmannschaft in Nürnberg schickt Ahmadinedschad seinen Vize. Er selbst hat seinen Besuch für das Achtelfinale angekündigt. Doch dazu kommt es nicht: Iran scheidet nach der Vorrunde aus.

Mitglied der Revolutionsgarden

Als Ahmadinedschad ein knappes Jahr zuvor, am 3. August 2005, sein Amt antritt, ist er im Westen kaum bekannt. Noch bis zur Stichwahl im Juni 2005 glauben die Experten, dass er gegen den als gemäßigt geltenden früheren Staatschef Ali Akbar Haschemi Rafsandschani nicht gewinnen könnte. Das Erstarken der ultrakonservativen Bewegung um Ahmadinedschad ist im Ausland nicht bemerkt worden. Er wird bereits 1979 während der islamischen Revolution im Iran Mitglied der Vereinigung "Studenten, die der Linie des Imam folgen". Ein Foto zeigt ihn direkt am Auto des Revolutionsführers Ayatollah Khomeini am Tag dessen Rückkehr aus dem französischen Exil. Als Freiwilliger zieht Ahmadinedschad Anfang der 1980er Jahre in den Krieg gegen Irak, er wird Mitglied der Revolutionsgarden. Nach dem Bauingenieur-Studium geht er Anfang der 1990er Jahre in die Politik.

"Prinzipientreue" versprechen soziale Gerechtigkeit

Ahmadinedschad ist Gouverneur einer Provinz in West-Iran, als sein politisches Lager 1997 bei der Präsidentschaftswahl eine schwere Niederlage gegen Mohammed Khatami einstecken muss. Khatami öffnet in seinen acht Amtsjahren das Land in Richtung Westen. Derweil formiert sich die islamische Rechte neu. Sie bezeichnen sich als "Prinzipientreue" und bilden 2002 eine neue Gruppierung. Ahmadinedschad leitet innerhalb dieses Zusammenschlusses eine unabhängige Zelle in Teheran. Im Jahr darauf gewinnt er dort die Bürgermeisterwahl - mit dem Versprechen, die Lebensbedingungen der armen Massen zu verbessern. Sein demonstrativ bescheidenes Auftreten beindruckt auch bei der Präsidentschaftswahl 2005. Durch kleine Geldgeschenke und Gratis-Kartoffeln lassen sich viele Wähler beeinflussen und verhelfen Ahmadinedschad zum Sieg.

"Israel von der Karte ausradieren"

Bald wird klar, dass die neue iranische Führung die Rhetorik von Khomeini wiederbelebt. Im Oktober 2005 sagt Ahmadinedschad auf einer Konferenz mit dem Titel "Eine Welt ohne Zionismus" in Teheran: "Das Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss aus den Annalen der Geschichte getilgt werden." Eine andere, schärfere Interpretation dieses Satzes geht um die Welt: "Israel muss von der Landkarte ausradiert werden." Sechs Wochen später ergänzt Ahmadinedschad auf einer Kundgebung: "Einige europäische Länder pochen darauf, dass Hitler Millionen unschuldiger Juden in Öfen getötet hat. [...] Wir akzeptieren diese Behauptung nicht." Der UN-Sicherheitsrat verurteilt die Äußerungen scharf. Doch Ahmadinedschad wiederholt Derartiges mehrmals. Sein fundamentalistisches Image im Westen wird dadurch verfestigt. Seine Wiederwahl 2009 ist offensichtlich manipuliert, seine oft wiederholte Beteuerung, der Iran wolle keine Atombombe bauen, wirkt wenig überzeugend. Heute ist Ahmadinedschad einer der isoliertesten Staatschefs der Welt.

Stand: 03.08.10