Helen Keller ist ein gesundes Mädchen, als sie am 27. Juni 1880 in Tuscumbia im amerikanischen Bundesstaat Alabama geboren wird. Im Alter von eineinhalb Jahren erkrankt sie an einer Gehirnhautentzündung, erblindet und wird gehörlos. Wenn sie etwas möchte, muss sie Zeichen machen. Wünscht sie sich ein Vanille-Eis, zittert sie am ganzen Leib und macht die Drehbewegung der Eismaschine nach. Mehr Verständigung ist zunächst nicht möglich. Später sagt sie: "In der stillen, dunklen Welt, in der ich lebte, war für starke Zuneigung oder Zärtlichkeit kein Raum." Das ändert sich, als Helen sechs Jahre alt wird: Die Eltern stellen die junge Irin Anne Sullivan als Blindenlehrerin ein. Mit dem 3. März 1887 - für Helen Keller der wichtigste Tag ihres Lebens - kommt die Wende. Als die Lehrerin während eines Spaziergangs dem Mädchen Wasser über die Hand fließen lässt und ihm gleichzeitig mit dem Fingeralphabet den Begriff "Wasser" in die Hand buchstabiert, beginnt Helen zu erfassen, dass "jedes Ding einen Namen hat".
Anne Sullivan lehrt Helen auch das Sprechen, später sogar in mehreren Sprachen. Helen lernt in Blindenschrift, der so genannten Braille-Schrift, zu lesen. Sie liebt die Literatur so sehr, dass sie an der Elite-Uni Harvard studieren will. Die Aufnahmeprüfung ist ein Qual: Die Universität gestattet Anne Sullivan nicht, Helen die Fragen in die Hand zu schreiben. Sie muss sie selbst lesen, was kein Problem in Griechisch und Latein ist - aber in Mathematik. Die Zeichen unterscheiden sich von der Braille-Version, die sie kennt. Helen muss sie immer wieder abtasten, um zu verstehen, was sie überhaupt rechnen soll.
Trotzdem schafft Helen Keller die Prüfung. Sie wird in Harvard aufgenommen, ins Radcliffe College für Frauen. In den Vorlesungen darf ihre Lehrerin neben ihr sitzen. "Die Worte eilen durch meine Hand wie Hunde auf der Jagd nach einem Hasen, der ihnen oft entkommt", sagt Helen Keller. Am 19. September 1904 macht sie ihr Examen als Doktor der Philologie. Sie ist damit der erste gehörlos-blinde Mensch, der eine Uni-Ausbildung abschließt. Sie wird Inspektorin der Blinden- und Gehörloseninstitute der USA und gründet ein eigenes Komitee für Blinde und Gehörlose. Über ihr Schicksal verfasst sie Bücher wie "Meine Welt" oder "Mein Weg aus dem Dunkel". Helen Keller stirbt am 1. Juni 1968 im Alter von fast 88 Jahren an einem Herzinfarkt in Westport im Bundesstaat Connecticut.
Stand: 19.09.04