Um das Jahr 1241 erlässt Kaiser Friedrich II. ein für Europas Gesundheitswesen bahnbrechendes Gesetz. Im später so genannten Edikt von Salerno untersagt der universal gebildete Friedrich den Ärzten unter Androhung harter Strafen, Arzneien herzustellen oder zu verkaufen. Dies wird alleiniges Vorrecht der Heilmittelkundigen, denen fortan ebenso drakonisch die Diagnose und Behandlung von Patienten verboten ist. Arzneien müssen sie künftig zu gesetzlich fixierten Preisen verkaufen.
Der Stauferkaiser, von seinen Zeitgenossen als "Stupor mundi", als "Staunen der Welt" bewundert, begründet damit den Beruf des Apothekers. Zu jener Zeit entsteht eine Schenkungsurkunde, die im Stadtarchiv von Trier aufbewahrt wird. Lange galt sie als Beleg für die erste Apotheke in Deutschland. In dieser Urkunde überschreibt ein Fridericus, Gutsverwalter (cellarius) des Bischofs zu Trier, dem Frauenkonvent St. Thomas seine "am Graben in der Stadt Trier befindliche Apotheke nebst angrenzendem und zugehörigem Haus. Gegeben im Jahr des Herrn 1241, 23. Mai".
"Apotheke" falsch gedeutet
Noch heute beherbergt das den Zisterzienserinnen von St. Thomas vermachte Haus am Trierer Graben eine Apotheke. Doch selbst die Historiker des Deutschen Apothekenmuseums in Heidelberg bezweifeln, dass die Nonnen tatsächlich bereits vor 770 Jahren dort am Hauptmarkt eine Apotheke, wie wir sie kennen, betrieben. Denn das Wort apotheca in der auf Latein verfassten Urkunde bezeichnet im 13. Jahrhundert noch allgemein einen Lager- oder Vorratsraum. Erst im Lauf der Zeit verengt sich der Begriff auf seine Bedeutung im phamazeutischen Sinn. Überhaupt darf man sich den Apotheker des 13. Jahrhunderts noch nicht als fest ansässigen Arzneihändler vorstellen. Pillen und Salben, Tränke und Heilkräuter werden wie eh und je auf Wochenmärkten in Bretterbuden rund um den Dom feilgeboten. Erst im Laufe des 14. Jahrhunderts lassen sich in den aufstrebenden Städten die Apotheker allmählich nieder. Das älteste erhaltene Apothekenprivileg stammt aus dem Jahr 1303; es überträgt einem Bürger im uckermärkischen Prenzlau die Leitung einer "apoteka" samt deren Vererblichkeit und Konkurrenzausschluss innerhalb von 10 Meilen.
Damals Einhorn, heute Löwe
Immer weiter entfernen sich die Arzneihändler von ihrer anrüchigen mittelalterlichen Vergangenheit als Quacksalber und Marktschreier. Sie erklimmen die Stufen der bürgerlichen Hierarchie und zählen spätestens seit der Renaissance zu den wohlhabenden und angesehenen Honoratioren einer Stadt. So auch die Apotheker am Trierer Hauptmarkt, wo im Haus des Nonnenordens nachweislich seit dem 16. Jahrhundert die Einhorn-Apotheke ihren Sitz hat. Im späten 19. Jahrhundert erhält sie ihren aktuellen Namen Löwen-Apotheke und vermarktet bis heute stolz ihren Ruf als älteste Apotheke Deutschlands – allen Zweifeln der Historiker zum Trotz.
Stand: 23.05.2011
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