Ihre Blütezeit ist lange vorbei, doch mittelalterliche Turniere liebt Heinrich II., König von Frankreich, seit seiner Kindheit. Ebenso lange verbindet ihn eine innige Zuneigung mit Diane de Poitiers, der an Schönheit, Intelligenz und Galanterie herausragendsten Dame seines Hofes. Obwohl fast 20 Jahre älter als Heinrich, gelingt es Diane über drei Jahrzehnte, zunächst als Mentorin, dann als Mätresse, sich die Gunst des Königs und ihre Macht über ihn bis zu dessen Ende zu bewahren.
Das ereilt den erst 40-jährigen Heinrich am 30. Juni 1559 - in einem Turnier, vor den Augen seiner mit den Kronjuwelen geschmückten Diane. Es ist ihr letzter Auftritt als bewunderte Mätresse und heimliche Königin Frankreichs. Im Kampf durchdringt die Lanze eines Gegners Heinrichs Visier und bohrt sich in seine Stirn. Nach zehn Tagen Agonie stirbt Heinrich II. und Diane de Poitiers wird umgehend vom Hof verbannt. Denn nun schlägt die Stunde einer nicht minder ehrgeizigen Konkurrentin, die bislang im Schatten von Dianes strahlendem Charisma ausharren musste: Katharina von Medici, der Witwe Heinrichs II.
Stil-Ikone kontra Krämerstochter
Diane de Poitiers wird am Silvesterabend 1499 in hochadligem Haus als Cousine des künftigen Königs Franz I. geboren. Mit 15 Jahren heiratet sie Louis de Brézé, den 40 Jahre älteren Großseneschall der Normandie. Nach dessen Tod 1531 holt Franz die trauernde, für ihre Schönheit wie für ihre Tugend gerühmte Mutter zweier Kinder an den Königshof und vertraut ihr seinen zweiten Sohn Heinrich an. Der introvertierte, schweigsame Junge gilt als schwierig, seit er vier Jahre als politisches Unterpfand in spanischer Geiselhaft verbringen musste. Die selbstbewusste Diane, neben deren strenger Eleganz die übrigen Hofdamen wie schrille Hühner wirken, wird zur mütterlichen Freundin und wichtigsten Ratgeberin Heinrichs.
Daran ändert auch die 1533 aus finanziellen Gründen geschlossene Ehe des Prinzen mit Katharina von Medici nichts. Die reiche, aber unansehnliche Bankierserbin aus Italien, vom Hof als "Krämerstochter" verachtet, muss sich mit der Mätresse ihres Mannes arrangieren. Dabei gilt es unter Historikern heute als zweifelhaft, ob Heinrich überhaupt je eine sexuelle Beziehung zu Diane hatte. Sie sorgt sogar dafür, dass Heinrich hin und wieder seiner Frau "beiwohnt", um die Thronfolge zu sichern. Denn nach dem Tod seines Bruders 1536 ist Heinrich der Dauphin. Als er 1547 die Krone erbt, steigt die kleine, dicke Italienerin zur Königin, die Stil-Ikone Diane de Poitiers jedoch zur ungekrönten Herrscherin Frankreichs auf.
Göttliche Selbstinszenierung
Nach außen stets kühl und unnahbar, beeinflusst die erzkatholische Diane Heinrichs Politik und bestärkt ihn in der Verfolgung der Hugenotten. Sie kümmert sich um die Erziehung der Königskinder und gibt zahlreiche Kunstwerke in Auftrag, die sie immer wieder als jungfräuliche Göttin Diana verherrlichen, blond, mit weißer Haut, keusch und sinnlich zugleich. Zum großen Missfallen Katharinas überschüttet Heinrich seine Mätresse, die auch in fortgeschrittenem Alter nichts von ihrer makellosen Schönheit einbüßt, mit Geschenken, Titeln und Schlössern. So verfügt Diane nach dem Tod des Königs und ihrer Verbannung vom Hof über ein immenses Vermögen. Sieben Jahre nach jenem verhängnisvollen Turnier, am 22. April 1566, erliegt Diane de Poitiers den Verletzungen, die sie bei einem Reitunfall erlitten hat.
Stand: 22.04.2011
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