Wasser fließt aus einem Wasserhahn

Stichtag

22. Mai 1986 - Trinkwasserverordnung wird novelliert

Wenn es um die Sauberkeit des Trinkwassers geht, dann sprudelt die Industrie am Ende des 19. Jahrhunderts nur so über vor blendenden Ideen. "Die chemische Industrie leistet einen wichtigen Beitrag zur Reinigung der Flüsse", heißt es etwa in einer Denkschrift, die der Verein der chemischen Industrie 1890 in Auftrag gibt. "Die Folgen des Einleitens ungeklärter Haushaltsabwässer würden sich noch schlimmer auswirken, wenn Flüsse wie der Main nicht glücklicherweise eine ganze Reihe von Fabrikabwässern aufnähmen, deren mineralische Bestandteile desinfizierend wirken." Bereits zuvor dient diese Position zahlreichen Unternehmen als Freibrief zur Verschmutzung der Flüsse. Erst bei der letzten großen deutschen Choleraepidemie, die 1892 in Hamburg innerhalb kürzester Zeit über zehntausend Tote fordert, wird der Zusammenhang zwischen Trinkwasserqualität und Krankheitsausbruch dank der Fortschritte in der Mikroskopie erkannt.

Wie viel Gift pro Liter ist erlaubt?

Aber auch danach lässt eine staatliche Verordnung zur Trinkwasserverbesserung wegen politischen Streits um die Kompetenzen lange Zeit auf sich warten. Erst 1976 ringen sich Gesetzgeber und Behörden in der Bundesrepublik zu einer zentralen Trinkwasserverordnung durch: Anlass ist eine Typhusepidemie, die ironischerweise gar nicht von verseuchtem Wasser, sondern von Ratten und verdorbenem Kartoffelsalat ausgelöst worden ist. Als sich Anfang der 1980er Jahre die Nachrichten von gefährlichen Nitratbelastungen im Grundwasser  häufen, verabschiedet die Bundesregierung am 22. Mai 1986 eine Novellierung der Trinkwasserverordnung: Die Grenzwerte für Nitrat werden von 90 Milligramm auf 50 Milligramm pro Liter herabgesetzt. Im November 2010 beschließt der Bundesrat eine weitere Novellierung, die unter anderem eine jährliche Überprüfung größerer Gebäudeanlagen auf Legionellenbelastung vorsieht.

Mehr Verbrauch für besseres Wasser

Nur eines kann eine staatliche Verordnung nicht festlegen, und das ist die optimale Dosierung des Wasserverbrauchs. Der ist in Deutschland seit Jahren rückläufig – laut Alfred Striedelmeier, Geschäftsführer eines Wasserwerks im Hochsauerland, mit fatalen Folgen für die Wasserqualität: "Wenn eine Leitung nicht vernünftig durchflossen wird, kommt es zu Absetzungen". 
Um die Wasserqualität zu gewährleisten, müssen die Wasserwerke nach Auskunft Striedelmeiers die Leitungen häufiger durchspülen. Im Blick auf die Reinheitsverordnung ist Wassersparen offenbar überflüssig.

Stand: 22.05.2011

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