Stichtag

17. Januar 2010 - Vor 325 Jahren: Kaiserliches Privileg für den Kaffeeausschank

Wer in Wien nach dem Gründer des ersten Kaffeehauses fragt, bekommt zumeist eine Legende aufgetischt. Während der zweiten Belagerung der Stadt durch das Osmanische Heer habe der Kundschafter Georg Kolschitzky 1683 mehrere von den Türken auf ihrer Flucht zurückgelassene Säcke mit Kaffeebohnen eingesteckt, die andere Wiener für Kamelfutter gehalten hätten, heißt es dann. Nur der gewiefte Orienthändler Kolschitzky habe gewusst, dass man aus den Bohnen einen köstlichen Trank zubereiten könne – und sein Wissen im ersten Kaffeehaus am Platze in bare Münze umgesetzt.

So schön die Legende auch sein mag, so ist sie doch falsch. Schon rund 40 Jahre früher nämlich wird "Kahwe", das "schwarze Wasser" der Osmanen, auf kaiserlichen Hofrechnungen als Ausgabeposten angeführt. Kaiser Leopold ist es auch, der per Privileg vom 17. Januar 1685 dem armenischen Kaufmann Johannes Diodato aus Wien das Recht bewilligt, "solches orientalisches Getränkh auf 20 Jahr allein zu verkauffen". Niemand, "es seye, wehr er wolle", soll sich anmaßen dürfen, das Monopol zu brechen. Sonst drohen "5 Marck Goldtes" als Strafe.Diodato nutzt sein Privileg, um im "Schwanfelnerschen Haus" auf dem Stephansplatz in zentralster Lage mit dem "Cave Gewölb" das erste Wiener Kaffeehaus zu gründen: kaum mehr als ein schummriger Keller, in dem ein Röstofen steht. Hier treffen sich die Händler aus dem Südosten mit Einheimischen zu Verhandlungen. Trotz des kaiserlichen Ausschankprivilegs bekommt Diodato schon bald von einem armenischen Landsmann Konkurrenz; später kommen einige getaufte Türken hinzu. Lange Zeit bleibt das Kaffeesiedergeschäft in Wien fest in orientalischer Hand.

Rund einhundert Jahre nach Gründung des ersten Kaffeehauses entwickelt sich der Ausschankplatz für "schwarzes Wasser" zum Konzerthaus, wo man beim Genuss verschiedenster Kaffeegetränke Mozart und Beethoven lauschen kann. So wird das Kaffeehaus mit seinen Zeitungen und Billardtischen zum Szenetreff der bürgerlichen Gesellschaft. Zur Jahrhundertwende geben "Kaffeehausdichter" wie Peter Altenberg und Alfred Polgar oder Satiriker wie Karl Kraus ihm einen literarischen Anstrich.Heute gibt es in Wien noch rund 250 traditionelle Kaffeehäuser. Auch sie haben inzwischen mit Espressobars und amerikanischen Coffeeshop-Ketten zu kämpfen.

Stand: 17.01.10