Stichtag

18. November 2010 - Vor 215 Jahren: Das Yo-Yo kommt nach Deutschland

Eine Schnur, zwei kleine Holzscheiben und eine Achse: Fertig ist das Yo-Yo (oder Jo-Jo). Nach der Puppe gilt es als das zweitälteste Spielzeug der Welt. Kulturhistoriker vermuten, dass es bereits in der vorchristlichen Zeit erfunden wurde - möglicherweise auf den Philippinen, in China oder etwa Griechenland. Dass sich bereits die antiken Hellenen mit dem Yo-Yo die Zeit vertrieben, beweist die Abbildung auf einer griechischen Terracotta-Vase aus der Zeit um 500 v.Chr. Im 17. Jahrhundert findet das Yo-Yo seinen Weg aus dem Orient nach Europa und avanciert zum beliebten Pläsier in Adelskreisen. Oder es hilft beim Stressabbau, wenn die Herrschaften während der Französischen Revolution als Volksfeinde auf den Gang zur Guillotine warten.

Der Trick mit der Schlaufe

Nach Deutschland kommt das Yo-Yo wahrscheinlich im Jahr 1795 - durch französische Adlige, die vor dem drohenden Fallbeil lieber jenseits des Rheins ins Exil gehen. Ihr "bandalore", "jou jou de Normandie" oder "quiz" – so einige der vielen Namen des Yo-Yo – ist allerdings kein billiges Holzspielzeug, sondern kunstvoll aus Glas oder Elfenbein gefertigt. Wenig später verbreiten dann Napoleons Besatzungssoldaten das inzwischen proletarisierte Spielgerät im ganzen Land. Hundert Jahre später erfährt das klassische Yo-Yo in den USA eine grundlegende technische Neuerung. Anstatt die Schnur wie bisher an der Achse festzubinden, legt sie der von den Philippinen eingewanderte Pedro Flores mit einer Schlaufe um die Achse herum: Der Freilauf ist erfunden und macht Flores als Yo-Yo-Fabrikanten zum reichen Mann.

Ständiges Auf und Ab

Dank des Kniffs mit der Schlaufe kann sich das Yo-Yo nun bei ausgerollter Schnur so lange drehen, bis es durch einen Ruck "aufgeweckt" mit der gespeicherten Bewegungsenergie wieder in die Hand schnellt. Der "Sleeper" wird zur Grundlage zahlloser, teilweise atemberaubender Tricks, die sich Yo-Yo-Enthusiasten von nun an einfallen lassen. Echte Könner wie Dennis Schleußer, achtfacher deutscher Meister und WM-Dritter von 2001, arbeiten mit zwei Rollen gleichzeitig und fabrizieren so mit ihren Schnüren komplexe, scheinbar unentwirrbare geometrische Gebilde.
Als Massenspielzeug erlebt das Yo-Yo über die Jahrzehnte ein ständiges Auf und Ab, ist mal in aller Hände, um dann wieder für einige Zeit in der Schublade zu verschwinden – so wie gegenwärtig. Doch trotz moderner Konkurrenz durch Playstation oder "World of Warcraft" hat das Yo-Yo immer eine treue Fangemeinde behalten. Die lässt sich nicht nur ständig neue Loops, Whips und Twister einfallen, sondern hat auch dem Spielgerät selbst ein zeitgemäßes Tuning verpasst. Eine Schnur, zwei Scheiben, eine Achse – das war einmal. Das Yo-Yo von heute ist Hightech, mit kugelgelagerter Nabe und Fliehkraftkupplung.

Stand: 18.11.10