Ob an Land, zu Wasser oder in der Luft: James Stephen Fossett, genannt Steve, will überall der Erste, Schnellste und Beste sein. Der 1944 in Jackson im US-Bundesstaat Tennessee geborene Multimilliardär lernt schwimmen, um die Dardanellen und den Ärmelkanal zu durchqueren, segelt mit einer Highspeed-Jacht im Höllentempo um die Welt und überquert mutterseelenallein im Ballon den Pazifik. 115 Rekorde, mehr als jeder andere Mensch, sammelt der von Freunden als schüchtern beschriebene Börsenmakler innerhalb von 22 Jahren. "Die Menschen glauben oft, ich sei auf der Suche nach dem Kick, aber das stimmt nicht", schreibt Fossett in seiner Autobiografie. "Dass meine Vorhaben gefährlich sind, empfinde ich als Nachteil." Trotzdem sind tödliche Risiken Fossetts ständige Begleiter. So auch am 1. März 2005, als er in Salina, Kansas, abhebt, um als erster Mensch mit einem Flugzeug allein und ohne Zwischenlandung die Welt zu umrunden.
Wie bei seinen vorangegangenen Rekordversuchen hat sich der ebenso besessene wie steinreiche Amateur dazu ein Team aus erfahrenen Profis zusammengestellt. "Verschaff dir die beste Ausrüstung, und du solltest damit als Erster über die Ziellinie kommen", lautet Fossetts ganz eigene Vorstellung von sportlichem Ehrgeiz. Dieses Mal hat er sich in ein Projekt des Luft- und Raumfahrtingenieurs Burt Rutan eingekauft. Der von Rutan für Fossett ersonnene und auf den Namen "Global Flyer" getaufte Rekordflieger aus leichter Kohlefaser hat drei Rümpfe und eine Spannweite von 35 Metern. Auf Wetterradar, Blitzschutz, Klimaanlage und Toilette muss Fossett in seinem winzigen Cockpit verzichten. Auch für Schlaf bleibt keine Zeit. Vollgepackt mit acht Tonnen Treibstoff ist der Leichtflieger im Jet Stream oberhalb der Troposphäre nur schwer zu manövrieren. Fossetts dreitägige Erdumkreisung wird von einem ständigen Konzert an Warntönen der Instrumente begleitet.
Obwohl er bereits über dem Persischen Golf deutlich mehr Treibstoff verbraucht hat als berechnet, bleibt Fossett dank günstiger Rückenwinde im Zeitplan. Über Japan steht fest: Der Sprit reicht noch für den Pazifik-Überflug. Am 3. März 2005, nach 36.912 Kilometern und 67 Stunden Nonstop-Flug, setzt Steve Fossett den "Global Flyer" wieder auf dem Salina Airport in Kansas auf – um einen weiteren Weltrekord reicher. Schon kurz darauf wendet er sich neuen Grenzen zu. Im Pazifik will er mit einem Tiefsee-Tauchboot bis auf 11.034 Meter zur tiefsten bekannten Stelle der Weltmeere hinabgleiten. Doch es kommt anders. Im September 2007 startet Fossett in Nevada zu einem unspektakulären Erkundungsflug. Nach einigen Stunden verschwindet sein Leichtflugzeug plötzlich ohne ein Notsignal von den Radarschirmen.
Zwei Wochen lang sucht eine Armada von Freiwilligen ein 25.000 Quadratkilometer großes Gebiet ab, bis zu 50.000 Menschen werten Satellitenbilder von Google Earth aus, ohne eine Spur zu finden. Erst im Oktober 2008 entdeckt ein Wanderer in einer kalifornischen Bergregion das Flugzeugwrack. Papiere und die menschlichen Überreste beseitigen alle Zweifel über Fossetts Schicksal: Eine Windböe hatte seine Maschine in 3.000 Meter Höhe gegen den Berg gedrückt und zerschellen lassen.
Stand: 03.03.10