Schuld sei der Zahnwurm: Wie oft hat Ottomar Heinsius von Mayenburg diesen Satz von seiner von Zahnfäulen geplagten Kundschaft schon gehört. Zähneputzen ist damals noch nicht sehr verbreitet. In seiner Apotheke am Dresdener Altmarkt versorgt von Mayenburg, geboren am 5. Dezember 1865 in Schönheide im Erzgebirge, die bessere Gesellschaft mit allerlei Pillen und Pülverchen, die er selbst im Hinterraum zusammenmischt. Und weil noch kein Kraut gegen die Zahnfäule gewachsen ist, entwickelt es es eben selbst. Seine Nichte Ruth erinnert sich später an ihren Onkel, der Pharmazie und Botanik studiert hat und ein Doktor der Philosophie war: "Er hauste am Ende der Verkaufspulte in seinem winzigen Privatkontor, trug einen weißen Mantel über einem hohen, vornübergebeugten mageren Körper und steckte seinen kahlen Geierkopf kaum mehr in die Apotheke hinein." 1907 rührt er eine neue Creme aus Kalkstein, ätherischen Ölen und Minzöl zusammen. Es ist die Zahnpasta, die gegen den Zahnwurm kämpfen soll. Er nennt sie "Chlorodont" und füllt sie auf dem Dachboden der Apotheke in kleine wiederverschließbare Tuben aus Metall. Darin ist die Creme haltbarer und leichter zu dosieren. Das neue Produkt macht ihn steinreich und die Zahnhygiene in Deutschland in der breiten Masse populär.
Von Mayenburg startet massive Werbekampagne
Die Idee, etwas für die Mundhygiene zu tun, kam nicht von ungefähr: In Dresden hatte der Fabrikant Karl August Lingner seit 1892 mit seinem Mundwasser "Odol" bereits ein Vermögen verdient. Der geschäftstüchtige Mayenburg zieht nach und startet eine für damalige Verhältnisse massive Werbekampagne. Der Werbespruch "Du sollst zum Zähneputzen nur Chlorodont benutzen" erscheint in Zeitungsanzeigen, auf Plakaten an Litfassäulen und Reklameschildern aus Emaille. Obwohl die Tube längst erfunden ist, und auf dem deutschen Markt das Konkurrenzprodukt "Pepeco" von Beiersdorf als Tubenzahnpasta angeboten wird, gilt "Chlorodont" als Weltneuheit. Über die Grenzen Deutschlands hinweg bekannt wird die "Chlorodont-Frau", das Werbemotiv der Zahnpasta, eine elegante Dame mit Pelzkragen und roter Kappe.
"Chlorodont" ist Marktführer in Deutschland
Bald reicht der Platz auf dem Mayenburgschen Dachboden für die Produktion nicht mehr aus. Von Mayenburg eröffnet 1917 die Leo-Werke in der Dresdener Neustadt. Zu den Werken gehört eine eigene Tubenfabrik und die damals größte Tubenfüll- und Verschließmaschine Europas. 400 Mitarbeiter produzieren bald an die 150.000 Tuben am Tag. Als Ottomar von Mayenburg 1932 im Alter von 66 Jahren stirbt, ist "Chlorodont" die am meisten gekaufte Zahnpasta in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden die Dresdener Leo- und die Lingnerwerke zur VEB Elbe-Chemie zwangsfusioniert. Sie produzieren bald sämtliche Tuben für den DDR-Bedarf sowie für den Export die Zahnpasta "RedWhite". Nach der Wiedervereinigung führt ein westdeutscher Unternehmer die Werke weiter: mit Zahnpasten wie "Elkadent" und der Kindermarke "Putzi".
Stand: 05.12.10