Bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 entdecken die Deutschen unerwartet ihre Begeisterung für das Hammerwerfen. Ein 19-jähriger blonder Hüne aus Kiel schleudert sein Sportgerät 68,09 Meter weit. Das ist nicht nur neuer deutscher Rekord, sondern bringt Uwe Beyer am Ende sensationell die olympische Bronzemedaille ein. Binnen eines Jahres war der am 14. April 1945 im holsteinischen Timmendorfer Strand geborene Sohn des Kugelstoßers Erich Beyer in die Weltelite vorgestoßen. Als jüngster Teilnehmer hatte er sich für die bis 1992 letzte gesamtdeutsche Olympia-Mannschaft qualifizieren können. Mit dem Bronzemedaillengewinn von Tokio beginnt eine bis heute unübertroffene Hammerwerfer-Karriere. Acht Mal in Serie wird Uwe Beyer in den folgen Jahren die Deutschen Meisterschaften gewinnen. Doch nach dem Olympia-Triumph lockt den Jungstar mit dem sonnigen Lächeln zunächst eine ganz andere, viel versprechende Herausforderung – auf der Kinoleinwand.
Mimisch nicht überzeugend
Filmproduzent Artur Brauner sucht gerade für sein Monumental-Epos "Die Nibelungen" nach einem überzeugenden Darsteller des Drachentöters Siegfried. Mutig fällt die Wahl auf den populären Modellathleten Uwe Beyer. Mit einer Größe von 1,91 Meter, seinen blauen Augen, dem durchtrainierten Körper und seiner unbekümmert-siegesbewussten Ausstrahlung scheint der bei jung und alt beliebte Sonnyboy die Idealbesetzung zu sein. Doch mimisch kann der erfolgreiche Hammerwerfer nicht überzeugen. Für seine Leistung von Zuschauern und Kritik eher belächelt als bewundert, bleiben "Die Nibelungen" Beyers einziger Ausflug ins Schauspielfach. Auch einer Karriere als Schlagersänger ist kein Erfolg beschieden. "Ich nagle meine Schuhe an unterm Bett bei mir, sonst wandern sie um Mitternacht von ganz allein zu dir", schmachtet Beyer – und hängt danach auch seine Hitparadenträume gleich wieder an den Nagel.
Tod auf dem Tennisplatz
Unter der deutschen Hammerwerfer-Konkurrenz bleibt Uwe Beyer tonangebend, doch international wechseln Licht und Schatten. Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko scheidet er enttäuschend in der Qualifikation aus. Als erster Athlet führt der Kieler die vierte Umdrehung in die Hammerwurf-Technik ein und gewinnt damit 1971 auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Karriere die Europameisterschaft. Nach dem Abschied von der Leichtathletikbühne betätigt sich Beyer mit großem Erfolg als Geschäftsmann. Er leitet die Therapie-Abteilung im Reha-Zentrum Bernkastel-Kues, betreibt mehrere Sportartikelgeschäfte und handelt im Rhein-Main-Gebiet mit historischen Häusern. Einen Tag nach seinem 48. Geburtstag verabredet sich Beyer am 15. April 1993 während eines Kurzurlaubs an der türkischen Riviera zum Tennisspielen. Während des Matches bricht das äußerlich kerngesunde Sportidol zusammen und erliegt noch auf dem Platz einem Herzinfarkt. Sportmediziner vermuten Spätfolgen eines Anabolika-Dopings, das der Leichtathlet einige Jahre zuvor selbst eingestanden hatte. Doch Beyer könnte zudem erblich belastet gewesen sein. Fünf Jahre zuvor starb auch sein Vater an einem Herzinfarkt – auf dem Tennisplatz.
Stand: 14.04.10