Stichtag

09. Februar 2010 - Vor 560 Jahren: Agnès Sorel stirbt in Anneville-sur-Seine

Wenn man den Chronisten glauben darf, dann kommt Agnès Sorel zur Zeit des Hundertjährigen Krieges im Gefolge von Isabelle, Herzogin von Lothringen, an den Hof Karls VII. Der Herrscher ist zwanzig Jahre älter als die schöne blonde Frau mit den großen blauen Augen und der auffallend weißen Haut. Obwohl über ihr freizügiges Benehmen schon früh geredet wird, bleibt sie als Hofdame bei Königin Marie. 1444 wird Karl VII. sie offiziell zu seiner ersten Mätresse ernennen. "Sie musste immer an seiner Seite sein", heißt es in einer zeitgenössischen Quelle, "bei Tisch, im Bett, im Thronrat".

Über Sorels Leben ist nur wenig bekannt. Geboren wird sie wohl in der Picardie. "Dame de Beauté" ("Herrin der Schönheit") ist der erste Titel, den Karl VII. seiner Geliebten verleiht. Danach überschüttet er sie mit Geschenken aller Art. Ganz wie die Königin selbst benehme sie sich bei Hofe, monieren ihre Kritiker, immer neue Liederlichkeiten und Ausschweifungen fielen ihr ein. So mache es ihr nichts aus, ihre Brüste in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen. Tatsächlich zeigen Porträts sie mit entblößter Brust. Der befreundete Maler Jean Fouquet soll sie in dieser Pose als Vorbild für eine Madonna mit Kind genommen haben. Auf dem Bild macht der Knabe einen derart desinteressierten Eindruck, dass der Verdacht naheliegt, das religiöse Motiv sei hier nur ein Vorwand für die erotische Botschaft.In ihren letzten Stunden hat Agnès Sorel vermutlich das Gefühl, innerlich zu verwesen. "Wie ekelhaft, übelriechend und anfällig wir doch sind", sollen die letzten Worte der "Herrin der Schönheit" auf dem Sterbebett gewesen sein. Da ist ihr Körper von einer Überdosis Quecksilber schon vergiftet. An einem kalten Wintertag im Februar 1450 stirbt die offizielle Geliebte Karls VII. gemeinsam mit ihrem zu früh geborenen vierten Kind auf einer Burg in Anneville-sur-Seine. Ihr Herz wird in der Abtei von Juniegès bestattet, der sie viel Geld gespendet hatte. Ihr Körper wird in der Stiftskirche Notre-Dame  in Loches beigesetzt. Nach ihrem Tod wendet sich der König einer Kusine der Verstorbenen zu, die ihm weitere Mädchen zuführt. Ein Mailänder Botschafter vermerkt, nun sei der Herrscher "noch geiler" geworden und "ganz und gar den Frauen verfallen".

Schon damals halten sich hartnäckig Gerüchte, Agnès Sorel sei ermordet worden. Ob sie vergiftet wurde oder nur an einem ärztlichen Kunstfehler starb, bleibt ungeklärt. Verdächtigt jedenfalls wird schon von Zeitgenossen der Thronfolger Ludwig XI., der die Mätresse einmal in aller Öffentlichkeit geohrfeigt haben soll. Tatsache aber ist, dass der neue König die drei Töchter von Agnès und Karl standesgemäß verheiratet: So standesgemäß, dass zahlreiche Prinzen und Herzöge aus der unstandesgemäßen Verbindung hervorgegangen sind.

Stand: 09.02.10