Die schnellste Schnecke der Welt lebt im Wattenmeer. Um möglichst rasch voranzukommen, kann sie eine kleine Blase bilden, mit der sie sich bei Flut treiben lassen kann. Neben der Strandkrabbe, der Nordseegarnele, der Herzmuschel und dem Wattwurm gehört die kleine Wattschnecke zu jenen Tieren, die Nordsee-Urlauber bei Ebbe in dem durch die Gezeiten geprägten Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer entdecken können – ein Gebiet, das von der dänischen Grenze bis zur Elbmündung reicht. Am 1. Oktober 1985 wird es zum Nationalpark erklärt.
Stürmische Vorgeschichte
Die Vorgeschichte des Nationalparks ist genauso stürmisch wie das Wetter an der Nordsee. Seiner Errichtung gehen jahrzehntelange Auseinandersetzungen zwischen der einheimischen Bevölkerung, Politikern und Naturschützern voraus.Bereits 1963 fordert ein "Verein Schutzstation Wattenmeer" ein Großreservat Halligmeer, das die kleinen, schon vorhandenen Naturschutzgebiete zu einer Region zusammenfügen soll. Ein zehn Jahre später entstandener Gesetzentwurf allerdings verschwindet wieder in der Schublade: Es existiert schlichtweg keine deutsche Rechtsgrundlage zur Einrichtung eines Nationalparks. Internationale Bestimmungen aber sehen vor, dass das Gebiet eines Nationalparks überwiegend nutzungsfrei sein muss – für die friesischen Fischer eine nicht hinnehmbare Bedrohung ihrer Existenz.
Rastplatz für Vögelschwärme
Erst das Bundesnaturschutzgesetz von 1977 macht den Weg frei: Ihm zufolge können Nationalparks in Deutschland auch wirtschaftlich nutzbar sein. Am Ende einigen sich Kritiker und Befürworter beim Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer auf einen Kompromissplan mit drei Zonen, die jeweils unterschiedlichen Beschränkungen unterliegen. Eine eigens eingerichtete Behörde in Tönning verwaltet das Gebiet und kontrolliert die Bestimmungen, auch zum Wohl der heimischen Fischer: die damals gängige Praxis der Dünnsäure-Verklappung etwa, die die Nordsee zum Mülleimer macht, hört auf.In den neunziger Jahren untersuchen über 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Ökosystem Wattenmeer. 1999 wird der Nationalpark wesentlich erweitert. Heute leben Fischer, Urlauber, Tiere und Pflanzen im Watt und den angrenzenden Salzwiesen in trauter Eintracht beieinander. Genutzt wird der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer vor allem auch von den Vögeln: Über sieben Millionen von ihnen machen auf ihrer Zugstrecke nach Afrika hier Rast.
Stand: 01.10.10