In Zivil, ein hochmodernes Funkgerät unter dem Arm, betritt Polizeihauptmeister Kopp das Kölner WDR-Funkhaus. Kopps Auftrag ist eine Premiere für die Polizei; den Beamten erwartet ein heißes Wochenende. Es ist Freitagmorgen und in NRW beginnen die Sommerferien. In der neu gegründeten WDR-Verkehrsredaktion im vierten Stock, vor sich eine Batterie von Telefonapparaten, nimmt Kopp mit den Redakteuren den Kampf gegen die zu erwartenden Staus auf den Fernstraßen auf. Zum ersten Mal kooperiert die Polizei direkt mit Rundfunksendern, um die Ferienreisenden per Autoradio aktuell und regelmäßig über die Verkehrslage informieren zu können. Vier Wochen zuvor, am 27. Juni 1970, ist bereits der NDR zum Ferienbeginn in Norddeutschland mit einem neuen Verkehrsfunk-Service an den Start gegangen.
Der Innenminister wünscht
Während im Norden einige ADAC-Flugzeuge die Autobahnen abgeflogen sind, setzt Nordrhein-Westfalens Polizei ein Großaufgebot an Hubschrauber-Staffeln, Streifenwagen und Motorrädern ein, um die Verkehrslage hochaktuell ins Funkhaus und damit zu den Hörern reportieren zu können. Das gelingt mit so großem Erfolg, dass sich NRW-Innenminister Willi Weyer (FDP) nach Ferienende wünscht: "Ich würde gern einen Polizeisender haben, der leichte Musik bringt, den Kraftfahrer unterhält und ständig Meldungen einspeist." Des Ministers Wunsch nach einem eigenen Polizeisender geht nicht in Erfüllung. Doch Alfred Zerban, Leiter der WDR-Verkehrsredaktion, nimmt die Anregung auf und baut das Programm von WDR 2 zur Service-Welle für Autofahrer aus. In kurzer Zeit gehen auch die meisten anderen ARD-Hörfunksender mit regelmäßigen Verkehrsdurchsagen auf Sendung.
Verkehrsinfos in Minutenschnelle
Ab Mitte der 80er Jahre werden Induktionsschleifen in die Schnellstraßen an Rhein und Ruhr eingebaut. Rund 80 Prozent aller Verkehrsinformationen bezieht der WDR seither aus den Daten dieser Messschleifen. Eine zweite wichtige Quelle, noch vor der Polizei, sind die Autofahrer selbst: Rund 35.000 registrierte Staufinder berichten inzwischen per Handy von der Lage auf den Straßen in NRW. So dauert es gerade noch zwei bis fünf Minuten, bis ein Stau im WDR-Verkehrscomputer steht und kurz darauf im Programm gemeldet wird oder – noch schneller - auf den Displays der Navigationssysteme auftaucht. Doch wie schnell auch immer sich die Autofahrer über die Verkehrlage informieren können: Es gilt trotzdem, was Innenminister Weyer bereits in den 60er Jahre wusste: "In gewissen Spitzenverkehrszeiten wird es immer Staus geben, und wenn wir noch so viele Autobahnen haben."
Stand: 27.06.10