Die Liebe tut drei Mal weh, sagt ein afrikanisches Sprichwort: Die Liebe der Eltern bei der Beschneidung, die Liebe des Mannes in der Hochzeitsnacht, und die der Kinder bei den Geburten. 150 Millionen Frauen haben diese seltsame Form der Liebe erlitten: die Beschneidung. Drei Millionen Mädchen kommen nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr hinzu; etwa alle elf Sekunden wird ein Mädchen auf dieser Welt an seinen Genitalien verstümmelt, glaubt die Menschenrechtsorganisation "Terre des Femmes".
Nur noch wenige Beschneidungen in Benin
Als erster Staat hat Benin am 9. April 2005 das offizielle Ende der Beschneidung gefeiert. In einem Festakt gaben die Beschneiderinnen ihre Werkzeuge ab; die Stammesoberhäupter erklärten die grausamen Praxis für beendet - zumindest offiziell. Damit der Durchbruch gelang, zogen die Mitarbeiter von Hilfswerken jahrelang durch die Dörfer, leisteten Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit. Inzwischen ist in Benin die Rate an beschnittenen Frauen von allen afrikanischen Ländern am niedrigsten. In anderen Regionen des Kontinents erleiden dagegen über 90 Prozent der Mädchen und Frauen die grausame Genitalverstümmelung.
Beschneidung als gesellschaftliche Norm
Die Beschneidung - meist im Alter bis zu zehn Jahren - ist in vielen Ländern Afrikas eine soziale Norm; unbeschnittene Mädchen gelten als nicht rein, nicht schön, nicht heiratsfähig. Die Beschneidung wird als Zeremonie gefeiert, und von Großmüttern, Verwandten, örtlichen Beschneiderinnen und nur selten Ärzten durchgeführt. Drei Arten der weiblichen Genitalverstümmelung unterscheiden Ärzte: Typ eins umfasst die teilweise oder ganze Entfernung der Klitoris, Typ zwei zusätzlich die kleinen Schamlippen und Typ drei die gesamten äußeren Genitale. Im letzten Fall werden anschließend die Wundränder so zusammengenäht, dass fast der gesamte Scheideneingang verschlossen ist und nur eine drei bis fünf Millimeter große Öffnung übrig bleibt. Etwa sieben Prozent der Kinder stirbt unter den Schnitten mit alten Rasierklingen, rostigen Messern oder Scherben.
Versiegeltes Geschlecht
Wer die Prozedur übersteht, erinnert sich oft eine Leben lang an die Schmerzen und kämpft mit gesundheitlichen Folgen. Die Somalierin Waris Dirie schreibt in ihrer Autobiographie: "Als man die Bänder um meine Beine endlich löste, konnte ich mich zum ersten Mal wieder ansehen. Außer einer Narbe, die in der Mitte wie ein Reißverschluss entlang lief, war da nur ein völlig glattes Stück Haut. Mein Geschlecht war versiegelt. Unzugänglich wie hinter einer Steinmauer."
Stand: 09.04.10