Bei einem möglichen Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Präsident George W. Bush und seinem Herausforderer John Kerry könnten sie erstmals eine wichtige Rolle spielen: Die Native Americans, die Nachkommen der Ureinwohner, verbreitet immer noch Indianer genannt. In den letzten zehn Jahren ist ihre Zahl auf 4,1 Millionen angestiegen, und sollten sie ihre verbreitete Wahlmüdigkeit überwinden, könnten sie - traditionell demokratisch gesinnt - den Amtsinhaber aus dem Weißen Haus jagen.
Dass dies möglich ist, beruht auf dem Indian Citizenship Act von 1924. Er verlieh den Ureinwohnern das Bürger- und damit auch das Wahlrecht. Vorausgegangen war nicht nur ein über zwei Jahrhunderte währender Völkermord durch Krieg, Landraub und Alkohol, der im Jahr 1924 gerade noch 250.000 Indianer übrig ließ. Vorausgegangen war auch eine kulturelle Enteignung durch den General Allotment Act von 1887. Er erkannte Indianer als Staatsbürger nur an, wenn sie Land erwarben und Kleinbauern nach Art der Weißen wurde. Ihre Sprache und ihre Religion wurden verboten.
Kein Wunder, dass sich die Begeisterung über die Staatsbürgerschaft 1924 bei den Stämmen in Grenzen hielt. Es gab sogar Proteste. War das Bürgerrecht nicht der letzte Akt der Eroberung durch den weißen Mann? Warum sollte man Bürger des Staates werden, der einem das eigene Land geraubt hatte? Es dauerte noch lange, bis Indianer mit Präsidenten auf gleicher Augenhöhe sprachen, so wie Harold Salway, Präsident der Oglala Sioux, 1999 mit Bill Clinton. Aber vielleicht besinnen sich die ersten und letzten Bürger der USA jetzt auf ihre Macht - die Macht ihrer Stimmen.
Stand: 02.06.04