Stichtag

05. Juli 2010 - Vor 200 Jahren: Schausteller Phineas Taylor Barnum geboren

Kurz nach seinem 25. Geburtstag wird Phineas Taylor Barnum auf Joice Heth aufmerksam. Die "einhundertundsechzig Jahre alte Negerin" - so wird die Dame angepriesen - soll dem früheren amerikanischen Präsidenten George Washington als Amme gedient haben. Für 1.000 Dollar ersteht Barnum die Schwarze, die fortan vor Publikum Anekdoten aus Washingtons Leben erzählt. Mit groß angelegten Werbekampagnen macht der Schausteller für seine Attraktion Reklame; 1.500 US-Dollar wöchentlich bringt sie ihm ein.

Als die Nachfrage nachlässt, lanciert Barnum die Meldung, dass es sich bei Joice Heth um einen raffiniert konstruierten Apparat handele, dem ein Bauchredner die Stimme leihe: Die Menschen strömen neuerlich in Scharen. Als Heth stirbt, macht Barnum selbst aus ihrer Autopsie noch ein Geschäft. Dass sich dabei herausstellt, dass die Frau höchstens 80 Jahre alt gewesen sein kann, ficht ihn nicht an. Im Gegenteil mimt er gegenüber der Presse den Betrogenen: "Ich glaubte ihren Dokumenten genauso sehr, wie ich an die Unabhängigkeitserklärung glaube."

Von Affen und Menschen

Geboren wird Barnum am 5. Juli 1810 auf einer Farm in Bethel, Connecticut. Schon als Kind verkauft er Süßigkeiten an seine Altersgenossen. Später verdingt er sich als Kaufmannsgehilfe, ersinnt eine Lotterie, wird Ladenbesitzer und Zeitungsverleger. Doch erst mit Joice Heth findet er zu seiner Bestimmung, der Schaustellerei. Mit geschicktem Marketing eröffnet er einen Wanderzirkus, der kaum drei Monate nach Veröffentlichung der Evolutionstheorie mit "Zip, dem Schwachkopf" den vermeintlichen Missing Link, also das fehlende Bindeglied, zwischen Mensch und Affe präsentiert. Seejungfrauen, Fettleibige, Albinos und "Zwerge", aber auch echte Rhinozerosse, Orang-Utans, Schlangen und Bären gehören zu den Attraktionen.

Die Inhouse-Niagarafälle

Aus dem Grundsatz, dass das Publikum betrogen sein wolle, macht Barnum sein Prinzip – weshalb er sich selbst den Spitznamen "Prinz Humbug" verleiht. So zeigt er in seinem Museum "live" die Niagarafälle, die in seiner Variante allerdings nur 50 Zentimeter hoch sind – und begegnet Betrugsvorwürfen mit dem Argument, dass wohl niemand ernstlich angenommen haben könne, die berühmten Wasserfälle hätten in einem derart kleinen Gebäude Platz.

Zweimal brennt Barnums Museum ab, mehr als einmal verliert er durch Betrug sein Vermögen, aber er kommt immer wieder auf die Beine. Er schreibt Bücher und organisiert Schönheitswettbewerbe für Babys. Er investiert Unsummen, um die in den USA gänzlich unbekannte schwedische Sängerin Jenny Lind 1850 ins Land zu holen – und macht ihre Tournee dank einer raffinierten Kampagne zu einem Riesenerfolg. 1890 spricht er eine Werbebotschaft in den Phonographen von Thomas Alva Edison. Es ist die erste kommerzielle akustische Reklame-Aufzeichnung. Phineas Taylor Barnum stirbt 1891 in Bridgeport, Connecticut.

Stand: 05.07.10