Eine geniale Idee allein reicht meist nicht für Ruhm und Reichtum. Um zum Erfolg zu kommen, braucht es mehr als unorthodoxes Denkvermögen, Geistesblitze und Tüftler-Talent. Diese bittere Erfahrung bleibt auch dem Erfinder Heribert Bauer nicht erspart. In der Blütezeit der industriellen Revolution denkt sich Bauer eine für die boomende Textilindustrie bahnbrechende Technik aus, denn diese Technik macht das umständliche Nähen von Knopflöchern überflüssig. Sein "Federknopf-Verschluss ist dazu bestimmt, das Öffnen und Schließen der Herrenhosen mit Latz zu vereinfachen". So steht es in der weltweit ersten Patenturkunde für einen Druckknopf, die Heribert Bauer am 5. März 1885 vom Kaiserlichen Patentamt in Berlin ausgestellt wird.
Der Pforzheimer Erfinder besitzt etliche Patente, doch wie alle seine Konstruktionen geht auch der Ur-Druckknopf nie in Serie. Das liegt zum einen an Kinderkrankheiten, denn Bauers Schnellverschluss rostet schnell, klemmt häufig und öffnet den Hosenlatz auch ohne Zutun in den unpassendsten Momenten. Zum anderen geht dem begabten Tüftler jedes Talent zum Kaufmann und Marketingstrategen ab. So verschwindet der Name Heribert Bauer ebenso im Dunkel der Technikgeschichte wie zunächst auch sein Druckknopf. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts nimmt sich ein anderer kluger Kopf des eigentlich so genialen Knopfes an. Im rheinischen Stolberg führt der Kurzwarenfabrikant Hans Prym ein florierendes Familienunternehmen, das zu den ältesten Industriebetrieben Deutschlands gehört. Er weiß von Bauers Erfindung und sucht nach der entscheidenden technischen Verbesserung gegenüber dem unzuverlässigen Ur-Druckknopf.
Im Juli 1903 hat Prym die Lösung gefunden: Eine elastische Feder im Knopf-Oberteil hält das Unterteil fest und gibt es im Gegenzug bei geringem Kraftaufwand wieder frei. Anders als der glücklose Heribert Bauer in Pforzheim weiß der erfolgreiche Stolberger Kaufmann Prym genau, wie aus diesem Pfennigartikel ein Vermögen zu machen ist. Hans Prym bewirbt seine Erfindung mit Rabattmarken, Preisausschreiben und bereits in der Kinderzeit des Kinos mit Werbefilmen auf großer Leinwand. Selbst die mit kunstvollen Motiven verzierten Karten, auf denen er seine Druckknöpfe verkauft, werden zu Sammelobjekten. So erreicht der vielseitig begabte Fabrikant, dass der Druckknopf – wie auch andere Nähutensilien aus seiner Fabrik – eng mit dem Namen Prym verknüpft ist. Rund 15 Millionen Druckknöpfe stellt heute der Unternehmer Axel Prym täglich in Stolberg her, in zahlreichen Variationen, doch nach demselben technischen Prinzip, das sein Großvater vor über 100 Jahren entwickelt hat. Von dessen Vorgänger Heribert Bauer dagegen findet sich selbst im Stadtarchiv von Pforzheim keine Spur mehr.
Stand: 05.03.10