Betende Männer im Tempel

Stichtag

26. Juli 2010 - Vor 45 Jahren: Das Sultanat Malediven wird unabhängig

Im Oktober 2009 macht die Regierung der Malediven mit einer spektakulären Aktion auf die Bedrohung des Inselstaates durch den Klimawandel aufmerksam. Präsident Mohamed Nasheed und 13 Kabinettsmitglieder treffen sich zu einer Sitzung auf dem Meeresboden. Sechs Meter unter der Wasseroberfläche unterzeichnen sie einen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, die klimaschädlichen Treibhausgase zu verringern.

Falls die Polkappen abschmelzen und der Meeresspiegel dadurch steigt, gehen die Malediven unter: Der Korallen-Archipel, rund 500 Kilometer von Sri Lanka entfernt, ist die flachste Gegend der Erde. Die meisten der knapp 1.200 Inseln ragen nur einen Meter aus dem Meer. Sie verteilen sich in Nord-Süd-Richtung über eine Strecke von 800 Kilometer Länge, was der Strecke Hamburg-München entspricht. Fast das gesamte Staatsgebiet von 90.000 Quadratkilometern, etwa die Größe Portugals, ist Indischer Ozean. Nur 300 Quadratkilometer davon sind Land, eine Fläche kleiner als Andorra.

30 Jahre lang ein Polizeistaat

Früher hatten die Malediver andere Probleme als steigende Meeresspiegel. Ursprünglich sind sie Buddhisten - bis sie im zwölften Jahrhundert von einem arabischen Reisenden zum Islam bekehrt werden. Dabei bleibt es, auch als christliche Seefahrer aus Europa auftauchen: Die Portugiesen benehmen sich so schlecht, dass sie in einem Guerillakrieg vertrieben werden. Die Holländer und schließlich die Briten, die folgen, sind klüger und gewähren dem Sultanat der Malediven eine Selbstverwaltung im Rahmen eines Protektorats. Im Zweiten Weltkrieg bauen die Briten einen Militärflughafen auf der Insel Gan, um ihre Maschinen bei Zwischenstopps auf dem Weg nach Australien und Malaysia auftanken zu können. Am 26. Juli 1965 werden die Malediven unabhängig von Großbritannien. Lediglich der Militärstützpunkt bleibt weiter in britischer Hand. 1968 wird aus dem Sultanat eine Republik. Kurz darauf ziehen die britischen Soldaten ab. Seit den 1970er Jahren entwickeln sich die Malediven zum Urlaubsziel westlicher Touristen. Es ist ein Polizeistaat unter Palmen: Präsident Maumoon Abdul Gayoom regiert das Land 30 Jahre lang mit harter Hand. Oppositionelle lässt er verhaften. Darunter ist auch der heutige Präsident Nasheed, der mehrfach als politischer Häftling im Gefängnis sitzt, insgesamt vier Jahre lang. Er geht vorübergehend ins Exil und gewinnt 2008 die Wahl gegen den alten Präsidenten.

Gefährdete Korallenriffe

Da bislang ein öffentliches Fährnetz zwischen den Inseln fehlt, leben die rund 320.000 Malediver weitgehend isoliert voneinander. Zudem gibt es kaum Kontakt zwischen Einheimischen und Touristen: Sie wohnen jeweils auf strikt voneinander getrennten Inseln. Die meisten Touristen-Inseln sind nur per Wasserflugzeug zu erreichen. Der Ferntourismus ist für die Malediven eine wichtige Einnahmequelle. Um Platz für Hotels zu schaffen, werden auch Korallenriffe zubetoniert. Zerstört werden die Riffe zusätzlich durch den Müll der Touristen und die vielen Taucher. Das ist für die Malediven gefährlich: Wenn die Korallen sterben, wächst auch der Untergrund der Inseln nicht mehr, sondern bröckelt.

Derweil bereitet Präsident Nasheed seine Bevölkerung auf die Klimakatastrophe vor: "Wir wollen Land kaufen in Indien, Indonesien oder Sri Lanka, um eines Tages dort leben zu können." Denn er geht davon aus: "Wir werden die ersten Klimaflüchtlinge der Welt sein." Abfinden will sich Nasheed damit aber nicht: Innerhalb von zehn Jahren sollen die Malediven zum ersten klimaneutralen Land werden.

Stand: 26.07.10