Stichtag

29. August 2010 - Vor 50 Jahren: Vicki Baum stirbt in Hollywood

Max Prels leidet an Schreibblockaden. Zum Glück ist Vicky Baum eine Ehefrau, die ihm immer wieder aus der Patsche hilft. Schon als Kind hat sie sich gern Geschichten ausgedacht, jetzt erledigt sie immer öfter die journalistischen Schreibaufträge ihres Mannes. Zu dieser Zeit ist Baum eine gefeierte Harfenistin, der man eine großartige Karriere prophezeit. Durch die Aushilfsjobs aber erkennt sie, dass ihre eigene Berufung im Schreiben liegt.

Ausgezeichnet von Thomas Mann

Geboren wird Vicky Baum 1888 als einziges Kind einer assimilierten jüdischen Familie in Wien. Die Mutter, die selbst gern Pianistin geworden wäre, ist psychisch krank, der Vater tyrannisiert die Tochter mit unbeugsamer Strenge. Mit 10 Jahren bekommt Vicky auf Betreiben der Mutter Harfenunterricht. Sechs Jahre später tritt sie öffentlich auf und erhält mit 19 Jahren ein Engagement beim Wiener Concertverein, dem besten Orchester am Platz.

Die Ehe mit Prels ist der Versuch, aus der Enge des Elternhauses auszubrechen. Was mit der Liebe nicht gelingt – die Ehe hält nur drei Jahre -, vermag die Literatur zu leisten: 1911 gewinnt Baum den Wettbewerb einer Münchner Satirezeitschrift. Thomas Mann sitzt in der Jury und zeichnet sie aus.

Romane für eine Mark das Stück

1919 beginnt Baum, Unterhaltungsromane zu schreiben. Über Prels kommt sie zum renommierten Ullsteinkonzern, der ihre Texte zunächst in Fortsetzungen in der Zeitung und dann für eine Mark als Roman herausbringt. Zu dieser Zeit ist Baum bereits mit einem Dirigenten verheiratet. Tagsüber versorgt sie den Haushalt und die Kinder, abends, während ihr Mann Konzerte gibt, schreibt sie ihre Bücher.

Bereits Baums Debüt "Der Eingang zur Bühne" (1920), eine Kombination als märchenhaften Herz-Schmerz-Motiven und Alltagsproblematik, verkauft sich rund 120.000 Mal. Dank dem später verfilmten Roman "Stud. chem. Helene Willfüer" über eine starke Frau, die trotz Kind akademische Karriere macht, steigt die Auflage der "Berliner Illustrierten Zeitung" von 200.000 auf eine Million.

Am Broadway aufgeführt

Bald hat Baum auch international Erfolg. Ihr Roman "Menschen im Hotel" (1929) wird am Broadway aufgeführt und kommt 1932 mit Greta Garbo als alternder Primaballerina in die Kinos. In diesem Jahr verlässt die Jüdin Baum Deutschland endgültig. Für ihre zweite Karriere in den USA, wo sie auch Drehbücher schreibt, amerikanisiert sich Baum, blondiert sich die Haare wie Jean Harlow und unterzieht sich einer Schlankheitskur. Um für die Medien interessanter zu wirken, schwindelt sie sich sieben Jahre jünger.

Vicky Baum stirbt am 29. August 1960 in Hollywood. Bis dahin hat sie über 30 teils sehr erfolgreiche Unterhaltungsromane veröffentlicht.

Stand: 29.08.10