"Mein rotestes Gelüste ist, eine Schlacht mitzumachen, aber mit der Waffe in der Hand, so eine, wo man das Weiße im Auge sehen kann beim Gegner", wünscht sich Hermann Löns. Als der Erste Weltkrieg im August 1914 beginnt, meldet sich der 48 Jahre alte Schriftsteller aus der Lüneburger Heide freiwillig an die Front und führt ein Kriegstagebuch. Darin verbindet er Schlachtbeschreibung und Naturschilderung: "Lerchenfalke jagt Lerche im Granatfeuer." Bereits am 26. September fällt Löns bei einem Angriff in der Nähe von Reims. Sein Leichnam wird zwischen den Linien vergraben. 1933 findet ein französischer Bauer beim Pflügen angeblich das Skelett von Löns samt seiner Erkennungsmarke. Zweifel an der Identität bestehen, weil an Löns' Kompanie ovale Marken ausgegeben worden waren, die von den Nazis präsentierte Erkennungsmarke aber abgerundete Ecken hat. Adolf Hitler beauftragt die SA mit der Rückführung der Gebeine, die zunächst rasch vergraben werden, um die Diskussion um ihre Authentizität zu beenden. Die Wehrmacht organisiert schließlich 1935 eine erneute Bestattung mit militärischen Ehren in der Nähe des heute niedersächsischen Walsrode.
Das Interesse der Nazis kommt nicht von ungefähr. Hermann Löns hat schon zu Lebzeiten eindeutig Position bezogen: "Ich bin Teutone hoch vier. Wir haben genug mit Humanistik, National-Altruismus und Internationalismus uns kaputt gemacht, so sehr, dass ich eine ganz gehörige Portion Chauvinismus sogar für unbedingt nötig halte. Natürlich passt das den Juden nicht und darum zetern sie über Teutonismus. Das aber ist der Weg, die Wahrheit und das Leben." Geboren wird Löns als Sohn eines Lehrers am 29. August 1866 in Westpreußen. Als sein Vater nach Münster versetzt wird, beginnt der junge Löns dort mit dem Medizinstudium. Das bricht er aber bald ab und wird in Hannover Zeitungsredakteur. In dieser Zeit schreibt er Gedichte und Verse wie "Lass mich deinen Leib umfangen, wilde Dirne, küsse mich" oder "Entdämme Deines Busens Wellen, die du so grausam eingezwängt". Er ist als Trinker und Frauenfeind bekannt: Weiber sind für Löns keine "Vollmenschen", denn sie hätten "keine Seele, sondern nur einen Uterus". Und: "Ein Mann wie ich braucht jede sieben Wochen eine andere Geliebte."
Die Texte und Volkslieder ("Grün ist die Heide") von Löns sind von Natureindrücken und Heimatidylle geprägt. In "Mein grünes Buch" (1901) wird die Heide zum Landschaftsideal. Seine Jagd- und Tiergeschichten vermenschlichen oftmals die Natur. So werden in "Mümmelmann" (1909) die Hasen Kunrad Flinkfoot und Lischen Hopsinskrut mit Vor- und Zunamen verewigt. 1909 scheitert Löns an den Anforderungen des Redaktionsalltags und arbeitet ab da als freier Schriftsteller. Seine Romane wie "Der letzte Hansbur" (1909), "Dahinten in der Heide" (1910) oder "Das zweite Gesicht" (1912) gehören zu den erfolgreichsten Neuerscheinungen dieser Jahre. Die Romane gelten als Vorläufer der "Blut- und Bodendichtung" der Nazis. Besonders der Bauernroman aus dem Dreißigjährigen Krieg, "Der Wehrwolf" (1910), verherrlicht das Recht des Stärkeren. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wird das Buch den Flakhelfern und den Hitlerjungen zur Lektüre verordnet. Die Zensur der siegreichen Alliierten setzt den "Wehrwolf" deshalb auf den Index.
Stand: 26.09.04