Er umfasst knapp 40 Hektar, öffnet den Weg zur Verbotenen Stadt und ist ein beliebter Treffpunkt der Pekinger Bevölkerung. Seit den Ereignissen des Frühjahrs 1989 hat sein Name einen zynischen Beiklang: Tiananmen - Platz des Himmlischen Friedens. Zumindest im Westen unvergessen ist die rücksichtslose, blutige Niederschlagung der Studentenproteste durch das chinesische Militär. In China selbst behandelt die kommunistische Partei "die Ereignisse" seit langem als Tabu-Thema. Mit Erfolg, denn in der jungen Generation verblasst die Erinnerung. Die genaue Zahl der Toten und Verletzten dieser brutalen Niederwerfung eines "konterrevolutionären Aufstandes" ist bis heute ein Staatsgeheimnis geblieben. Begonnen hat alles ganz friedlich, als Trauerkundgebung für den beliebten Reformpolitiker und Hoffnungsträger Hu Yaobang.
Der frühere Generalsekretär der KP Chinas war im Januar 1987 von Hardlinern in der Partei seines Amtes enthoben worden und am 15. April 1989 überraschend 74-jährig gestorben. Am selben Abend demonstrieren Dutzende von Studenten der Pekinger Universitäten auf dem Platz des Himmlischen gegen die Unterdrückung der Reformbewegung. Sie skandieren: "Redefreiheit", "Abschaffung der Zensur" und "Hu Yaobang lebt weiter". Rapide wächst von nun an die Menge der Protestierenden. Nach drei Tagen sind es Zehntausende, Anfang Mai dann Hunderttausende, die den Tiananmen ohne größere Gewalttätigkeiten besetzen. Am 17. Mai versammeln sich rund eine Million Menschen zu einem friedlichen Rockkonzert gegen den Kurs der alten Garde. Die späte, aber deutliche Reaktion der Partei folgt zwei Tage später: Ab dem 20. Mai gilt in acht Pekinger Bezirken das Kriegsrecht. Dann werden der Auslandspresse die Satellitenverbindungen gekappt.
Wochenlang hat die Parteiführung keine Stellung zu den Studentenprotesten genommen. Heftige innerparteiliche Flügelkämpfe verhindern eine klare Reaktion auf die oppositionelle Massenbewegung. Die Angst vor dem totalen Gesichtsverlust gegenüber der Bevölkerung erzwingt schließlich die Ausrufung des Kriegsrechts. Erreicht wird damit immerhin eine Spaltung der studentischen Führung. Viele Demonstranten verlassen den Platz, um eine legale, demokratische Lösung des Konflikts zu ermöglichen. Eine unübersehbar große Menge aber setzt die Proteste in ganz Peking fort. Nachdem Armee und Polizei Anfang Juni mehrfach damit scheitern, den riesigen Tienanmen-Platz ohne Gewaltanwendung zu räumen, entlädt sich in der Nacht zum 4. Juni der auf beiden Seiten angestaute Hass. Armeeeinheiten rücken mit Panzern durch die Stadt ins Zentrum vor und schießen wahllos in die Menge. Etliche Soldaten werden daraufhin von aufgebrachten Demonstranten gelyncht oder mit bloßen Händen umgebracht. Nach vorsichtigen Schätzungen von amnesty international fallen in dieser Nacht 700 bis 3.000 Menschen dem Tiananmen-Massaker zum Opfer.
Stand: 20.05.09