Stichtag

03. Mai 2009 - Vor 40 Jahren: Björn Steiger stirbt bei einem Unfall

Große Augen, kurze Haare mit Pony, weißer Rollkragen-Pullover - auf einem Foto ähnelt er Schlagerstar Heintje. Björn Steiger ist acht Jahre alt, als er am 3. Mai 1969 mittags zum Schwimmen geht. Am Nachmittag ziehen über dem baden-württembergischen Winnenden erste Wolken auf. Björn macht sich auf den Rückweg. "Unser Sohn musste die Straße überqueren", erinnert sich sein Vater Siegfried Steiger. "In diesem Moment fing es an zu regnen und der Fahrer, der ihn dann überfahren hat, schaltete die Scheibenwischer ein und hatte eine völlig verschmierte Scheibe, so dass er ihn nicht gesehen hat." Björn muss 57 Minuten lang auf einen Krankenwagen warten. Während der Fahrt ins Krankenhaus stirbt er - nicht an seinen Verletzungen, sondern am Schock.

"Der Rettungsdienst hatte damals nicht einmal Funk, obwohl 1969 fast jedes Taxi-Gewerbe bereits Funk hatte, und deshalb kamen sie häufig zu spät", so Siegfried Steiger. Damit andere Menschen mehr Überlebenschancen haben, gründet er mit seiner Frau Ute am 7. Juli 1969 die Björn-Steiger-Stiftung. Ihr Ziel: das schnelle Rettungswesen. Die Stiftung spendet Funkgeräte und schenkt jedem Bundesland einen mit medizinischen Geräten ausgestatteten Rettungswagen. Darin können Patienten bereits während des Transports versorgt werden. Die Notruf-Nummern 110 und 112 existieren damals zwar schon, allerdings nur in Großstädten und den angrenzenden Landkreisen. Die Stiftung kämpft für eine Ausdehnung auf das gesamte Bundesgebiet. Das Hindernis: Bund und Länder streiten sich über die Übernahme der Kosten. Deshalb holt sich Siegfried Steiger von der Bundespost einen Kostenvoranschlag, organisiert von jedem Landkreis in Nord-Württemberg 20.000 Mark und richtet 1971 für seine Region die Nummer 110 selbst ein. Zwei Jahre später dann der Durchbruch: Am 20. September 1973 meldet sich Postminister Horst Ehmke (SPD) bei Steiger und verkündet die bundesweite Einführung der Notruf-Nummern.

Steiger überzeugt auch das Bundesverkehrsministerium, 14.000 Autobahn-Telefone nicht wie geplant abzubauen. Zusätzlich stationiert die Stiftung weitere 7.000 Notruf-Telefone an Bundes-, Land- und Kreisstraßen. 1973 baut Steiger die Deutsche Rettungs-Flugwacht auf, eine Organisation für die Rettung per Hubschrauber. Steiger lässt zudem Schnellbergungswagen entwickeln. Mit ihren Werkzeugen können eingeklemmte Unfallopfer befreit werden. Der erste Organtransport-Wagen stammt von der Steiger-Stiftung. Sie entwickelt und verschenkt auch Baby-Notarztwagen für den Transport zwischen Entbindungskrankenhäusern und Kinderkliniken. Steigers neues großes Projekt heißt "Kampf dem Herztod". 130.000 Deutsche sterben jedes Jahr am plötzlichen Herztod. Steiger möchte das überall in Deutschland sogenannte Defibrillatoren zur Wiederbelebung hängen. Seit kurzem bietet die Stiftung auch eine kostenlose Handy-Ortung an. Seine Arbeit hilft Siegfried Steiger bis heute, mit der Trauer um seinen Sohn Björn umzugehen: "Es dauert zwar eine lange Zeit bis man das überwinden kann, aber es wird besser."

Stand: 03.05.09