Als im Januar 2007 "Kyrill" über Deutschland tobt, schlägt der Ausnahme-Sturm in der Kölner Innenstadt an einer ganz besonders empfindlichen Stelle zu. Dicke Holzbohlen wirbeln im Orkan über den Roncalli-Platz am Dom und durchschlagen die Fensterscheiben des benachbarten Römisch-Germanischen Museums. Die schweren Balken und Berge von Glassplittern landen auf dem Prunkstück des Hauses, dem weltberühmten Dionysos-Mosaik, und richten großen Schaden an. Pünktlich zum 35-jährigen Bestehen des Hauses kann es nun wieder vollständig restauriert bewundert werden. Fast 2.000 Jahre hat das aus 1,5 Millionen Steinchen bestehende Kunstwerk, das einmal den Fußboden des Speisesaals einer römischen Villa bildete, an dieser Stelle die Zeiten überdauert. 1941 ist es bei Ausschachtungen für einen Luftschutzbunker entdeckt worden. Schon damals entsteht die Idee, eines Tages direkt über dem bestens erhaltenen Mosaik ein Museum zu errichten.
Mitte der 60er Jahre entwerfen die Architekten Heinz Röcke und Klaus Renner ein durchgängig einstöckiges, rechteckiges Museum im Bauhaus-Stil. Doch dann wird am Chlodwigplatz ein römisches Grabmal zu Tage gefördert. Errichtet wurde es um 40 n. Chr. für den Legionärsveteran Lucius Poblicius. Um den 15 Meter hohen Sensationsfund in Originalgröße rekonstruieren zu können, muss das Dach des Museums angepasst werden. Am 4. März 1974 schließlich können die ersten Besucher das Römisch-Germanische Museum und seine Schätze erstmals in Augenschein nehmen. Direktor Heinz-Gerd Hellenkemper und sein Vorgänger Hugo Borger erinnern sich noch heute mit Vergnügen: "In der Nacht vor der Eröffnung sind wir mit Strümpfen auf das Dionysos-Mosaik gegangen und haben dort Champagner getrunken."
Die Museumsmacher werden vom Publikumsandrang schier überwältigt. Bereits im ersten halben Jahr strömen 500.000 Besucher ins Haus, bei Eintrittspreisen von 50 Pfennig für Erwachsene und 20 Pfennig für Kinder. So geht Hellenkempers Konzept voll auf, ein Museum nicht nur für historisch Gebildete, sondern für die ganze Familie zu machen. Um Schwellenängste gar nicht erst aufkommen zu lassen, locken rings um den Bau von Beginn an archäologische Funde, Säulen, Schrifttafeln und antike Sarkophage zum Anschauen und Anfassen. Dass diese Stücke hin und wieder beschmiert oder beschädigt werden, nimmt die Museumsleitung in Kauf. "Ich biete den Menschen die Vergangenheit in der Umwelt, die ihre eigene ist. Dadurch baue ich Brücken", erklärt Hugo Borger das Konzept.20 Millionen Besucher haben das Römisch-Germanische Museum seit seiner Eröffnung durchstreift und die zahlreichen Fundstücke aus Kölns antikem Untergrund in Augenschein genommen. Für ständigen Nachschub sorgt allein schon der Ausbau der Kölner U-Bahn. Rund 100 Archäologen aus aller Welt haben in den vergangenen Jahren tonnenweise geschichtsträchtige Erde durchkämmt und so Funde von unschätzbarem Wert entdeckt. Ein Ende ist nicht abzusehen, weiß Direktor Hellenkemper: "Archäologen haben in Köln noch für 500 Jahre Arbeit."
Stand: 04.03.09
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 4. März 2009 ebenfalls an Eröffnung des Römisch-Germanischen Museums. Auch das "ZeitZeichen" gibt es einen Monat lang als Podcast.