Im Café Florian in Venedig erlebt Mark Twain mit Blick auf den Markusdom glückliche Stunden. "Auf ihre lange Reihe niedriger, dickbeiniger Säulen gepflanzt, sah sie aus wie eine riesige warzige Wanze, die nachdenklich spazieren geht", wird sich der Schriftsteller später erinnern. Anderen Reisenden erscheint das prachtvolle Wahrzeichen der Stadt mit seinem 98 Meter hohen Glockenturm und seinen sieben Kuppeln - der erste Anblick vom Boot aus - erhabener. "Auf dem Meere schien die Turm- und Kuppelstadt zu schwimmen", schreibt etwa der Maler Erwin Speckter 1830, "und je näher ich kam, je leuchtender erstand sie vor mir."
Geweiht ist die Markuskirche dem Evangelisten und Märtyrer aus dem ägyptischen Alexandria. 828 bringen venezianische Kaufleute seine Gebeine in die Lagunenstadt. Die Stadtregierung erkennt die Bedeutung der Reliquie und errichtet ihr zu Ehren eine hölzerne Kirche neben dem noch bescheidenen Dogenpalast. Es ist die Geburtsstunde des Markuskults, der mit vielen Pilgern auch weiteres Geld in die Stadtkassen bringt. Auch politisch sorgen die Überreste des Evangelisten für Selbstbewusstsein. Als geflügelter Löwe mit einem Buch in den Tatzen geht Markus ins Stadtwappen ein. Unter seinem Patronat steigt Venedig zur stärksten Handelsmacht des östlichen Mittelmeers auf.Der heutige Dom ist die dritte Markuskirche. Sie wird am 13. Januar 1094 feierlich eingeweiht. Der Legende nach sollen die Patriarchen der Stadt die Gebeine des heiligen Markus aus Angst vor Plünderern derart gut versteckt haben, dass sie zum Festakt nicht auffindbar sind. Nach inständigen Gebeten sei der Heilige dann fünf Monate später persönlich aus einer Säule herausgetreten.
Bis 1797 fungiert der Markusdom als Dogenkapelle. Vielen Besuchern gilt er wegen seiner Mosaike und Kunstwerke als schönste und üppigste Kirche der Welt. An hohen Festtagen wird der Innenraum zu einem musikalischen Zentrum, das über die Grenzen der Stadt hinaus erstrahlt: Viele Musikstücke Claudio Monteverdis feierten hier Premiere. Heute ist der Markusdom die Kathedrale des Patriarchen. Bedroht wird sie vor allem vom Wasser her. Denn der Markusplatz und das Atrium der Basilika sind die tiefstgelegenen Punkte der Stadt. Das Fundament steckt im Schlamm, immer wieder wird die Vorhalle bei Hochwasser überschwemmt.
Stand: 13.01.09