Stichtag

19. Februar 2009 - Vor 40 Jahren: Bundesstelle für Entwicklungshilfe beschlossen

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Deutschland auf Entwicklungshilfe angewiesen: Ab August 1946 erhält die hungernde deutsche Bevölkerung amerikanische Care-Pakete. Die am Boden liegende deutsche Wirtschaft unterstützen die USA  im Rahmen des Marshallplanes. Auch der deutsche Außenhandel wird von außen angekurbelt: Nach 1950 ermöglichen die West-Alliierten der Bundesrepublik Handelskontakte zu ihren Partnern sowie den ehemaligen oder noch existierenden Kolonien. Der Außenhandel wird zu einem Motor des so genannten Wirtschaftswunders. Deshalb unternehmen Bundeskanzler Konrad Adenauer ( CDU ) und Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (CDU) alles, um den Export zu fördern. Sie geben auch Kredite an die ausländischen Partner deutscher Firmen, wenn diese nicht mehr zahlen können. So wird aus dem Handel auch wirtschaftliche Hilfe für Länder der Dritten Welt.

Die bundesdeutsche Entwicklungspolitik der 50er- und 60er-Jahre steckt in einem Dilemma. Einerseits gibt es das Bedürfnis, der Not in der Welt entgegenzuwirken: "Die Entwicklungshilfe ist im besten Sinne ein Werk weltumspannender Nächstenliebe", sagt Bundespräsident Heinrich Lübke (CDU). Andererseits geschieht das nicht uneigennützig: "Natürlich spielen unsere ökonomischen, aber auch unsere politischen Interessen eine Rolle", hält Entwicklungsminister Hans-Jürgen Wischnewski ( SPD ) dagegen. Neben wirtschaftlichen Interessen gibt es für die Bundesrepublik auch einen außenpolitischen Grund für das Engagement in der Dritten Welt: In den 50er-Jahren, dem Höhepunkt des Kalten Krieges, versucht der Westen, Länder in Asien, Afrika und Südamerika durch massive finanzielle Hilfe an sich zu binden, sagt der Historiker Bastian Hein vom Münchner Institut für Zeitgeschichte: "Damit sie nicht in den Kommunismus abgleiten." Die USA üben deshalb Druck aus: Washington fordert von Bonn, mehr Geld in die Entwicklungshilfe zu stecken, ansonsten würden die Schutztruppen abgezogen. Bonn hat aber auch eigene politische Absichten, so Hein: Die Bundesrepublik pocht auf den so genannten Alleinvertretungsanspruch der Deutschen und will verhindern, "dass die DDR international anerkannt wird und ihrerseits in Kontakt mit der Dritten Welt treten kann."

32 Milliarden Mark fließen bis Ende der 60er-Jahre in die bundesdeutsche Entwicklungshilfe. Doch der Bundesrechnungshof erstellt mehrfach verheerende Gutachten: zu viele Akteure, kein einheitliches Konzept. Das Auswärtige Amt ist für die außenpolitische Hilfe zuständig, das Wirtschaftsministerium kümmert sich um die Exportförderung. Das führt zu einem Kompetenzgerangel. 1968 scheint eine Lösung in Sicht: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, das für die Entwicklungshilfe zuständig ist, schlägt vor, die Technische Hilfe zu vereinheitlichen. Am 19. Februar 1969 beschließt das Kabinett eine "Bundesstelle für Entwicklungshilfe" ( BfE). Die Ministerien sträuben sich aber, ihre Zuständigkeiten abzugeben. Die Konsequenz: Bereits fünf Jahre später verschwindet die BfE als Bundesbehörde wieder. Sie wird zusammen mit der bis dahin für die Technische Hilfe zuständigen "Deutschen Förderungsgesellschaft für Entwicklungsländer" (GAWI) verschmolzen. So entsteht 1975 die bis heute existierende, privatrechtliche "Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit" ( GTZ ). Diese wird vom Bund finanziert, arbeitet aber in eigener Verantwortlichkeit.

Stand: 19.02.09