IXTOC 1 - dieses kryptische Kürzel steht für die verheerendste Ölpest, die sich je auf hoher See ereignet hat. Als am 3. Juni 1979, rund 80 Kilometer vor der Küste der mexikanischen Halbinsel Yucatan, die Bohrplattform der Gesellschaft Pemex in die Luft fliegt, ahnt noch niemand, dass der Kampf gegen die Flammen und die schwarze Flut über neun Monate dauern wird. Der Ozean unter der Bohrinsel IXTOC 1 ist nur 51 Meter tief, doch der fossile Rohstoff lagert mehr als 3.000 Meter unter dem Gestein des Meeresgrundes. Als die Plattform-Mannschaft an jenem 3. Juni das kilometerlange Bohrgestänge an die Oberfläche holt, um den Meißel an der Spitze zu wechseln, kommt es zum Blow out, zu jenem Desaster, das bei Offshore-Förderungen mitten im Ozean am meisten gefürchtet wird.
Die Rückhaltemaßnahmen, die während der Arbeiten ein unkontrolliertes Austreten des Öls verhindern sollen, versagen plötzlich. Mit urgewaltigem Druck schießt ein hoch explosives Gemisch aus Öl und Gas ungehindert an die Oberfläche, entzündet sich und verwandelt die See in ein Flammenmeer. Menschen kommen nicht zu Schaden, doch die zur Unglücksstelle geeilten Rettungsmannschaften können nicht verhindern, dass die Plattform IXTOC 1 in einer gewaltigen Explosion zerbirst. In den nächsten Tagen bemüht sich eine Armada von 500 Spezialisten, 200 Schiffen und zwölf Flugzeugen, die katastrophalen Folgen des Blow out einzudämmen - nahezu ohne Erfolg. Selbst der berühmteste Feuerwehrmann der Welt, Paul "Red" Adair, der zwei Jahre zuvor die brennende norwegischen "Bravo"-Plattform löschen und abdichten konnte, muss nach vier Wochen mit seiner Crew kapitulieren. Mehr Öl als damals im Golf von Mexiko tritt später nur noch aus den 1991 von Saddam Hussein gesprengten Ölanlagen in Kuwait aus.
Jeden Tag speit IXTOC 1 fast eine halbe Million Liter Öl aus. Es gelingt weder, in 51 Meter Tiefe ein neues Sicherheitsventil anzubringen, noch, den Flächenbrand an der Wasseroberfläche zu löschen. Alle Versuche, das Öl abzuschöpfen, mit Chemikalien aufzulösen oder durch Barrieren einzudämmen, misslingen weitgehend. Der Ölteppich breitet sich über eine Länge von 300 Kilometern aus und erreicht acht Wochen später die texanische Küste. Hunderte von Umweltschützern sind in den folgenden Monaten im Einsatz, um die Schäden an Fauna und Flora so gering wie möglich zu halten. Im Oktober 1979 dann endlich titelt die Weltpresse, IXTOC 1 sei unter Kontrolle. Noch aber konnte der Ölausstoß lediglich um die Hälfte verringert werden. Tonnenweise wird weiter Spezialbeton in die Tiefe gepumpt. Am 23. März 1980 dann endlich dichtet ein mehrere hundert Meter langer Zementpfropfen das Leck endgültig ab. Bis zu diesem Zeitpunkt haben rund 500 Millionen Liter Rohöl den Golf von Mexiko verseucht. Der weitaus größte Teil des schmierigen Teppichs wird nicht angeschwemmt, sondern treibt im Ozean hin und her, bis er langsam verdunstet oder in die Tiefe absackt.
Stand: 03.06.09