Für Henry Moore ist die Natur der größte Bildhauer. Seine Güsse von abstrahierten Frauenkörpern haben die glatten Rundungen von Steinen als Vorbild. Dann formt er kleine Modelle, die er von allen Seiten betrachten kann. Wenn alles stimmig ist, entstehen nach den Modellen die massigen, elegant geschwungenen Bronzeskulpturen, die in vielen öffentlichen Parkanlagen stehen und oft nur durch ihre Titel als weibliche Figuren zu erkennen sind: zumeist aus zwei Teilen bestehend und mit einem Loch in der Mitte.
Moore wird am 30. Juli 1898 als siebtes Kind eines Angestellten im britischen Castleford geboren. Schon als Kind soll er beschlossen haben, Bildhauer zu werden In seinem Kunstlehrer findet er einen begeisterten Förderer. 1919 beginnt Moore in Leeds ein Kunststudium, wobei er sich von afrikanischer Schnitzkunst und der klassischen Moderne beeinflussen lässt. Seinen Durchbruch erlebt er aber erst nach dem zweiten Weltkrieg. 1948 wird ihm der internationale Skulpturenpreis der Biennale von Venedig verliehen. In der Folge avanciert Moore zu einem der gefragtesten und teuersten Bildhauer des 20. Jahrhunderts. An vier "documenta"-Schauen nimmt er teil. 1963 wird er für seine herausragenden Leistungen im Bereich der Kunst von der britischen Königin mit dem "Order of Merit" ausgezeichnet.
Kritiker werfen Moore immer wieder vor, sich während seiner Karriere nicht entscheidend weiterzuentwickeln. Befürworter aber lieben gerade diese Kontinuität. Vor allem Politiker gehören zu seinen Bewunderern. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD), der persönlich mit dem Künstler befreundet ist, kauft Moores "Large two forms" für das Bundeskanzleramt in Bonn. Wann immer von Haushaltslöchern die Rede ist, ist die Skulptur wegen ihres markanten Lochs zu sehen. Gerhard Schröder (SPD) wird sich später für eine eher kantige Skulptur des Bildhauers Eduardo Chillida entscheiden, um den Vorhof des Berliner Bundeskanzleramts zu schmücken: da gilt Moore schon als überholt. Er stirbt 1986 in Much Hadham, Hertfordshire.
Stand: 30.07.08