Kein Drummer flippt derartig hinter seinen Trommeln aus wie "das Tier" in der Muppet-Show-Band. Mit einer Ausnahme: sein lebensgroßes Vorbild Keith John Moon, Schlagzeuger der britischen Rockgruppe The Who.
Auf der Bühne zündet "Moon the Loon" (der irre Moon) in seiner Bass-Drum hin und wieder eine Schwarzpulver-Bombe. Beim ersten Auftritt der Band im US-Fernsehen 1967 nimmt er die dreifache Menge Schwarzpulver. Nach der Explosion fällt der Sender landesweit für einige Minuten aus, Gitarrist Pete Townshend ist auf einem Ohr taub und The Who mit einem Donnerschlag in ganz Amerika berühmt.
"Der Typ war völlig schmerzfrei und hemmungslos; was und wie er gespielt hat, war einfach außergewöhnlich", erklärt sein Fan Wölli alias Wolfgang Rohde, Ex-Schlagzeuger der Toten Hosen. "Er war ein zärtlicher, lieber Clown, wirklich lebendig", erinnert sich Pamela des Barres, eine frühere Freundin.
Keith Moon, 1946 in London geboren, ist achtzehn und meistens betrunken, als er 1964 zum ersten Mal auf The Who stößt. "Du würdest nicht glauben, wie schlecht die waren", erzählt er später. Moon macht den Schlagzeuger als Schuldigen aus, springt "halb verrückt von diesem Acid-Zeug" auf die Bühne und zerlegt erstmal das Equipment. "Und sie sagten: Du bist dabei!" Mit seinem explosiven Stil erfindet der kleingewachsene Chaot hinter den riesigen Drum-Batterien das Rock-Schlagzeug noch einmal neu.
Praktisch spielt Keith Moon ständig ein Solo und prägt so entscheidend den rebellischen Sound von The Who. Wenn er wild grimassierend und mit aller Gewalt auf sein Schlagzeug einhämmert, scheinen sämtliche Trommeln und Becken gleichzeitig in Betrieb zu sein. "Er klingt nach mehr als dem besten Drummer der Rockgeschichte", urteilt der angesehene US-Musikkritiker Greil Marcus, "er klingt wie der einzige."
Moon ist aufsehenerregend - in allem. Der geborene Komiker, der gern auch mal als SS-Mann oder im Hummelkostüm auftritt, strippt in Flughäfen und TV-Shows, parkt Automobile in Swimmingpools und konsumiert Drogen aller Art, vor allem Unmengen von Alkohol. Immer extrem, aber nie nüchtern. So erlebt ihn 1970 auch Wolfgang Rohde während eines Who-Konzerts im Berliner Theater des Westens.
Weil Moon sich bei seiner Rumturnerei ständig übergeben muss, stellen die Roadies rechts und links vom Schlagzeughocker Eimer auf. "Kotzen und spielen war bei dem eins", berichtet der Hosen-Drummer. Moons letzte Jahre sind geprägt von einem steten Wechsel zwischen Therapien und Abstürzen. Auf die Frage, ob er sein Leben eigentlich unter Kontrolle habe, antwortet er kurz vor seinem Tod: "Aber sicher. An manchen Tagen schon." 14 Tage nach seinem 32. Geburtstag gibt Keith Moon auf einer Party von Paul McCartney seine Verlobung mit der Schwedin Annette Walter-Lax bekannt.
Nach Aussagen der anderen Gäste wirkt der Star ruhig, sichtlich glücklich und ausnahmsweise völlig nüchtern. Wenige Stunden später, es ist der 7. September 1978, findet ihn seine Freundin tot im Bett. Gestorben ist Keith Moon an einer Überdosis des Medikaments, das er gegen seine Alkoholsucht einnahm.
Stand: 07.09.08