1976 sollen Kay und Lore Lorentz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden. Das Ehepaar lehnt "mit freundlich-dankbarer Entschiedenheit" ab. Man wolle "das Kreuz der Regierung nicht haben, sondern es sein", lässt man den Bundespräsidenten wissen. Diesen selbst erhobenen Anspruch löst Kay Lorentz fast 50 Jahre lang ein, mit einer Kabarettbühne, deren Bretter seine Welt sind, so lange er nicht selbst darauf stehen muss. Der Mann ist zurückhaltend bis zur Publikumsscheu; im Rampenlicht steht allein seine Frau Lore. Sie ist als scharfzüngige Interpretin das Herz des Düsseldorfer Kom(m)-ödchens und er als Leiter, Autor und Regisseur der Kopf der Kleinkunstbühne.
Botschafter will der 1920 in Chemnitz geborene Lorentz eigentlich werden. Deshalb übersiedelt er 1936 nach Düsseldorf und studiert Arabisch und Japanisch. 1944 heiratet er seine Freundin Lore, geborene Schirmer; dann geht es vom Traualtar direkt ab an die Ostfront. Zurück aus dem Krieg allerdings "fehlt ihm der Glaube für eine deutsche Botschaft" (Lore Lorentz über ihren Mann). Ohne jede Theatererfahrung eröffnen die beiden 1947 in der Düsseldorfer Hunsrückenstraße das "Kom(m)ödchen - die kleine Literaten-, Maler- und Schauspielerbühne". Ihr erstes Programm "Positiv dagegen" ist ihre Standortbestimmung, nach der Devise: "Was man angreift, muss angreifbar sein - die Art, wie man es tut, unangreifbar." In den nächsten 25 Jahren erspielen sich Kay und Lore Lorentz begeisterte Anhänger, erbitterte Feinde und, quasi als Ritterschlag, Fernseh-Verbot in Bayern. Das "Kom(m)ödchen" wird eine Institution.
Die Kabarett-Krise in den 70er Jahren macht auch vor dem "Kom(m)ödchen" nicht Halt. Die große Zeit des politischen Ensemble-Kabaretts ist vorbei, aber die Düsseldorfer Kleinkunstbühne überlebt. Während Lore mit Soloprogrammen brilliert, stöbert Kay Lorentz überall mit feinem Riecher begabten Nachwuchs auf, dem er in seinem Haus väterliche Starthilfe gibt. Talente wie Eckhard Hachfeld, Thomas Freytag, Matthias Richling, Volker Pispers und auch ein schwäbischer Schlacks namens Harald Schmidt verdanken ihren Karrierestart dem Spöttervater Lorentz. Mitten in der Arbeit und wenige Wochen vor seinem 73. Geburtstag erliegt Kay Lorentz am 29. Januar 1993 den Folgen eines Schlaganfalls.
Stand: 29.01.08