Stichtag

27. Mai 2007 - Vor 355 Jahren: Geburtstag von Liselotte von der Pfalz

Liselotte von der Pfalz kann gar nicht mehr aufhören zu weinen. Neun Tage lang sitzt die 19-Jährige im November 1671 in der Kutsche auf dem Weg nach Frankreich, und das Heimweh nach ihrem geliebten Heidelberg raubt ihr fast den Verstand. In der Fremde soll Liselotte den zwölf Jahre älteren Philipp von Orleans, den Bruder Ludwigs XIV. heiraten, der seit kurzem - wohl durch Giftmord - Witwer ist. Es ist eine Ehe aus Staatsräson, die das Herrschaftsgebiet des Vaters durch das starke Bündnis mit Frankreich sichern soll. Wie immer fügt sich die junge Frau in ihr Schicksal. "Heürath seindt wie der tod", wird sie später in einem ihrer vielen Briefe schreiben. "Wie es von unserem Herrgott verhängt ist, so muss es geschehen."

Allein mit Hunden und mit Papageien

Elisabeth Charlotte ("Liselotte") von der Pfalz wird am 27. Mai 1652 als Tochter des Kurfürsten Karl Ludwig in Heidelberg geboren. Kurz zuvor hat der Dreißigjährige Krieg die einst blühende Pfalz in Schutt und Asche gelegt. Der Kurfürst, Sohn des Winterkönigs, ist notorisch knapp bei Kasse. Er schickt Liselotte zu ihrer Tante Sophie an den Hof von Hannover. Es werden die glücklichsten vier Jahre ihres Lebens. Viele von Liselottes späteren Briefen werden an Sophie gerichtet sein.Für die Heirat mit dem affektierten Philipp muss Liselotte zum Katholizismus übertreten und die Heimat verlassen. Die Ehe ist nicht glücklich. Der Schönling gibt sich lieber mit jüngeren Männern ab. Dann legt sich Liselotte mit einer Mätresse Ludwigs XIV. an und beschimpft sie in ihren von der Zensur gelesenen Briefen als "bösen Teuffel". So verliert sie auch die Gunst des Königs. Als Ludwigs XIV. in ihrem Namen Anspruch auf die Pfalz erhebt und seine Truppen marodierend durch Liselottes Heimat streifen lässt, zieht sie sich mit ihren Hunden und Papageien in ihre Privatgemächer zurück.

Immer stärker flüchtet sich Liselotte in ihre Briefe, von denen sie täglich mehrere schreibt. 60.000 sollen es insgesamt gewesen sein, rund ein Zehntel sind erhalten. Stunden um Stunden verbringt sie mit ihrer Korrespondenz, in denen sie auf Deutsch und Französisch die Heuchelei und die Oberflächlichkeit bei Hofe mit Witz und Klugheit geißelt. Zu den Adressaten gehört auch Gottfried Wilhelm Leibniz. Das Schreiben gibt Liselotte offenbar genügend Kraft, um nicht nur ihren Mann, sondern auch seinen Bruder, den König, zu überleben. Nach dessen Tod wird ihr Sohn Regent von Frankreich, sie selbst erste Dame im französischen Staat. Am 3. Dezember 1722 schreibt Liselotte an ihre Halbschwester Louise ihren letzten Brief. Fünf Tage später stirbt sie auf Schloss Saint-Cloud bei Paris.

Stand: 27.05.07