Stichtag

08. August 2002: Beginn des Jahrhunderthochwassers

Anfang August 2002 braut sich über dem Nordatlantik ein noch harmloses Tiefdruckgebiet namens Ilse zusammen und zieht nach Süden. Am Golf von Genua füllt es sich über dem erhitzten Mittelmeer mit Wasserdampf. Dann driftet es an den Ostalpen vorbei und entlädt sich an den Hängen des Erzgebirges. Dabei wird "Ilse" zum europaweiten Albtraum.

Unaufhörlich schüttet "Ilse" Regenmassen in die ausgetrocknete Landschaft. In Zinnwald fallen an einem Tag 312 Liter Wasser pro Quadratmeter. Für Norditalien ruft die Regierung in Rom den Notstand aus, bei einer Teilevakuierung Prags müssen 50.000 Menschen die Stadt verlassen. Der 1,50 Meter breite Grenzbach Schweinitz schwillt auf 200 Meter Breite an. In seiner Verzweiflung ruft der Bürgermeister des sächsischen Grimma nach der Bundeswehr. "Bitte kommen Sie hier her mit dem Panzer und retten Sie uns Grimma", lautet sein dramatischer Appell. "Wenn Sie das nicht machen, dann können Sie morgen mit dem Bergepanzer kommen und Grimma zuschieben".

Die Bundeswehr kommt: mit Soldaten, die Dämme mit Sandsäcken bauen und mit Hubschraubern, die Menschen in Sachsen von ihren Hausdächern retten. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verschafft sich schnell einen Überblick und reist in die Krisenregion. 10 Milliarden Euro lautet die bundesweite Schadensbilanz. Mehr als sieben Milliarden Euro stellt die rot-grüne Bundesregierung als Aufbauhilfe zur Verfügung: eine nationale Kraftanstrengung, wegen der geplante Steuersenkungen um ein Jahr verschoben werden. Trotzdem verschafft die Jahrhundertflut zumindest der SPD ein Stimmungshoch. Bei der Bundestagswahl im September wird die angeschlagene rot-grüne Regierung bestätigt.

Stand: 08.08.07