"Volkskundliche Studien streben hin zu freier Sicht auf ein Charakterbild des deutschen Menschen, in dem Stärke und Schwäche seines Volkes (...) sichtbar wird." So beschreibt Adolf Bach seine Arbeit und Lebensaufgabe. Er ist Germanist, Namensforscher und Volkskundler. Geboren wird Bach am 31. Januar 1890 in Bad Ems als Sohn eines kleinbürgerlichen Kaufmanns. Er studiert in Paris, lebt in Oxford, lehrt später an den Universitäten Marburg, Straßburg und Bonn. Sein Werk umfasst über 300 wissenschaftliche Arbeiten. Er ist ein katholischer Nationalkonservativer, der in der Ideenwelt des 19. Jahrhunderts verwurzelt ist. Die Romantik beeinflusst ihn stark. Die Vorstellung eines Volkes mit gemeinsamen Wurzeln, erklärt die Bonner Kulturwissenschaftlerin Dagmar Hänel, ist dezidiert romantisch: "Es ist vor allem die Geisteshaltung der Romantik, die die Idee von Volkskunde populär macht und durchsetzt."
Die Nationalsozialisten machen aus der romantischen Idee einer volkstümlichen Einheit den aggressiven Mythos von Blut und Boden. Volkskunde dient nun der rassistischen Ideologie deutscher Überlegenheit. Volkskundler rücken auf in führende Positionen der SS und werden mitverantwortlich für die Vernichtungspolitik: "Die Volkstumsforscher trugen als Tathelfer nicht nur zur Vertreibung von Nationalitäten bei, sondern sie bereiteten in ihren Denkschriften auch die Ermordung osteuropäischer Menschen vor", schreibt der Wissenschaftshistoriker Michael Fahlbusch. Adolf Bach tritt zwar schon 1933 in die NSDAP ein, macht aber dennoch keine Karriere. Eine Leitungsfunktion an der Universität Marburg wird ihm entgegen früherer Zusagen verwehrt. In einem Dossier der SS heißt es: "Gesamtbeurteilung: Bach wird charakterlich negativ, weltanschaulich als undurchsichtig beurteilt. (...) Alles in allem gehört er nicht zu den positiven Germanisten und Volkskundlern."
Bach überlebt den Krieg, wird 1948 wegen eines schweren Augenleidens in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Sechs Jahre später wird er wieder als Lehrbeauftragter an die Universität Bonn berufen. Volkskunde ist längst ein belasteter Begriff. In der Auseinandersetzung um sein Fach verharmlost Bach die nationalsozialistischen Einflüsse: "Die Abwege einer Germanenschwärmerei und eines (...) gesteigerten Rassendünkels (...) haben die meisten Vertreter der noch heute im Wirken stehenden Generation der deutschen Volkskundler weit weniger verführt, als es das mit geräuschvoller Betriebsamkeit verfasste populäre Schrifttum der NS -Epoche annehmen lassen kann." Bach widmet sich wieder der Siedlungs-, Stammes-, Sitten- und Sprachforschung mit dem Ziel, Volkscharakter und Volksseele fassbar zu machen. Erst sein Tod am 19. April 1972 in Bad Ems fällt zusammen mit einem Wendepunkt seiner Wissenschaft. Anfang der 70er Jahre wird der Volksbegriff als ideologischer Begriff erkannt und abgelehnt, sagt Kulturwissenschaftlerin Hänel: "Die Idee von Volkscharakter ist eine Konstruktion. Das Phänomen existiert nicht und hat nie existiert."
Stand: 19.04.07